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Full text of "Zions panier, Zion's banner. German"

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Tions Panter 
der 


Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage. 


* Wahrheit, Kenntniß, Tugend und Glaube vereinigt. 


„Liebet ihr mich, ſo haltet meine Gebote.“ Joh. 14, 15. 


WMI. Aren 1. 1851. 1. Bam. 


Indem wir unſere Anſichten öffentlich darſtellen, mag es für mich 
als Fremder nothwendig ſein, zu erklären, daß ich ein Aelteſter der Kirche 
Jeſu Chriſti der Heiligen der letzten Tage bin, und aus der Großen— 
Salz⸗See⸗Stadt, City of the Great Salt-Lake im Utah-Territory in 
den Vereinigten Staaten, komme. Ich bin vor Kurzem von Paris in dieſe 
Stadt angekommen, wo ich die Lehren unſerer Religion gepredigt und 
im Druck herausgegeben habe. Der Herr G. P. Dykes aus demſelben 
Orte, Aelteſter derſelben Kirche iſt auch hier anweſend. Der Zweck unſeres Hier— 
ſeins iſt, ſo weit die Umſtände es erlauben, unſere Grundſätze in dieſer 
Stadt Hamburg und in Deutſchland bekannt zu machen. Da die Lehren 
unſerer Kirche in dieſem Lande faſt gänzlich unbekannt ſind, haben wir 
es für das Beſte gehalten, Gebrauch von der Preſſe zu machen, als 
ein Hülfsmittel, um dieſelben auseinander zu ſetzen. Ich habe daher dieſe 
Herausgabe angefangen, welche wir beabſichtigen, ein Mal in jedem Monate 
erſcheinen zu laſſen. Auf dieſe Weiſe habe ich es in Paris gemacht, und 
finde es ſehr bequem, weil es denjenigen, welche die Wahrheit zu erfor— 
ſchen wünſchen, Gelegenheit giebt, ruhig und allmählig unſere Grundſätze 
zu unterſuchen. 

Wir haben eine Menge Journale, welche in verſchiedenen Theilen der 
Welt herausgegeben werden. In Utah-Territory, Californien wird eins 
herausgegeben, welches wir „die Nachrichten Deſerets“ nennen, ein anderes 
in Kanesville in dem Staate Iowa, „der Grenzenhüter,“ eins erſcheint 
in Liverpool, welches „der tauſendjährige Stern“ genannt wird; ein an— 
deres in Wales, „die Poſaune Zions,“ eins in Paris, „der Stern De— 
ſerets,“ und eins in Copenhagen, „der Skandinaviſche Stern“ genannt. Alle 
werden von erfahrnen und talentvollen Männern redigirt, und wir beab— 
ſichtigen, von Zeit zu Zeit Auszüge aus denſelben mitzutheilen. 

Während unſere Zeitſchrift den Einwohnern Deutſchlands unſere 
Anſichten darſtellt, wird ſie zur ſelbigen Zeit zur Belehrung und zum 
Troſte für diejenigen unſerer Brüder in Amerika, England, Frankreich, 
in der Schweiz und Dänemark dienen, welche die deutſche Sprache verſtehen. 
Es wird wohl nicht nöthig ſein hier anzuführen, daß wir nichts mit 

1 


mn — 


Politik zu thun haben, da unfere allgemeinen Grundſätze in dieſer Hin— 
ſicht, ſo wohl bekannt ſind. Unſere Religion lehrt uns den Geſetzen, Ein— 
richtungen und Verordnungen aller Länder, wo wir uns aufhalten, 
gehorſam zu ſein. Wir ſind Diener unſers Herrn Jeſu Chriſti, und ſind 
gekommen, ſein Wort zu predigen, und die Grundſätze bekannt zu machen, 
welche er uns anvertraut hat; und indem wir das Reich Gottes aufbguen, 
wünſchen wir in Frieden mit allen Menſchen zu leben; und die Grund— 
ſätze der Wahrheit, Tugend, Reinheit, Kenntniß und Glückſeligkeit der 
Welt, hervorzuheben und zu vervielfältigen. 


An die Freunde des Keiches Gottes. 


Wir beabſichtigen in dieſer unſerer erſten Herausgabe, einen kurzen 
Bericht des Urſprunges, der Fortſchritte, Einrichtung, Verfolgungen, des. 
Glaubens, und der Lehre der Kirche Jeſu Chriſti der Heiligen der letzten 
Tage, zu geben, damit unſere Leſer von uns ſelbſt erfahren mögen, wie unſer 
religiöſer Glaube beſchaffen iſt, und unſere wirkliche Stellung in jetziger Zeit. 

Man hat mich oft auf dieſem Feſtlande gefragt: Seid Ihr Proteſtanten 
oder Katholiken? Hierauf antwortete ich, wir ſind keins von beiden in 
der allgemeinen Auffaſſung des Worts, aber doch beides in manchen 
anderen Hinſichten. 

Unſere Kirche iſt nicht durch Proteſt gegen die Römiſch-Katholiſche 
und ihre beſonderen Lehren begründet worden, ſie iſt auch kein 
Zweig dieſer Kirche, und verdankt derſelben nicht ihren Urſprung. Sie 
iſt auch nicht nach dem Muſter der proteſtantiſchen Kirche gebildet, und 
hat keine Verbindung mit irgend einer zu derſelben gehörigen Seete. 
Die Lehren, Vorſchriften, Autorität und Organiſation, welche wir in 
unſerer Kirche haben, ſind durch directe Offenbarungen vom Himmel aus— 
gegeben worden, ohne Beziehung auf irgend eine andere Kirche in Hinſicht 
der Autorität, Lehren und Vorſchriften. Die Lehren, welche unſere Kirche 
bekennt, ſind in dem Buche Mormons ab und fie hat ihre 
Autorität durch die Gabe, Vermittelung oder Miniſterium der heiligen 
Engel empfangen. Daher iſt dieſelbe in allen Punkten, die wir ange— 
geben haben, eben ſo unabhängig von jeder anderen Kirche, als 
wenn es gar keine Kirche irgend einer Art auf der Welt gäbe. Doch 
dies verhindert nicht, daß ihre Lehren, ihre Vorſchriften und ihre Organi— 
ſation nicht genau dieſelben ſeien, wie unſer Herr und Heiland Jeſus 
Chriſtus ſie uns gab, und wie ſeine Jünger dieſelben vor achtzehnhundert 
Jahren auf dem Feſtlande Aſiens lehrten und adminiſtrirten, wie es im 
neuen Teſtament uns berichtet wird. In der That iſt es eine Wiederher— 
ſtellung dieſer Lehren, Grundſätze und Vorſchriften, nicht von Menſchen 
oder durch Menſchen, ſondern durch das Aufthun des Himmels, und der 
Offenbarung des Willens des Herrn, zu den Bewohnern der Welt. 


ze 

Die Kirche Jeſu Chriſti der Heiligen Ver letzten Tage, erhielt ihre erſte 
Organiſation in der Township Manchester, Ontario County, State 
of New- Vork, in den Vereinigten Staaten Nord-Amerika's, am Gten 
April 1830. Vor dieſer Zeit, erſchien ein Engel, einem jungen Menſchen 
von 15 Jahren, dem Sohn eines Pächters, Namens Joſeph Smith. 
Dieſer belehrte ihn über viele Dinge in Beziehung des religiöſen Zuſtan— 
des der Welt, und über die Nothwendigkeit einer richtigen Kirchen-Orga— 
niſation; auch offenbarte er ihm viele Begebenheiten, die in den letzten 
Tagen nach den Worten der Propheten ſich zutragen werden. * 

Ich werde die Worte, welche er mir ſagte ſo genau als möglich wieder— 
holen. Er ſagte mir, daß in der Nachbarſchaft ſeiner Wohnung ver— 
ſchiedene Geſellſchaften mehrerer Secten ſich vereinigt hätten, um eine 
religiöſe Erweckung herbeizuführen, eine Sache, die ſich in den Vereinigten 
Staaten oftmals ereignet. Eine große Anzahl erklärten ſich als bekehrt, 
und unter dieſen zwei oder drei Mitglieder der Familie ſeines Vaters. 
Nachdem dieſe Erweckung zu Ende war, erhob ſich ein Zwieſpalt, um zu 
wiſſen, zu welcher Secte jene Neubekehrten gehörten. Ein Mitglied der 
Familie feines Vaters ſchloß ſich einer Seete an, und ein zweites bekannte 
ſich zu einer andern Partei. Sein Geiſt ward betrübt: Er ſah Zwieſpalt 
anſtatt des Friedens, und Uneinigkeit anſtatt Eintracht; und als er dar— 
über nachdachte, wie viele Glaubensarten und Religions-Culten vorhanden 
wären, ſchien es ihm unmöglich, daß alle recht ſein könnten. Wenn Gott 
uns eine Religion gelehrt hat, dachte er, ſo hat er uns keine andere 
gelehrt, denn „Gott iſt nicht der Urheber der Verwirrung.“ 

Beim Leſen ſeiner Bibel ward er lebhaft gerührt, als er die Stelle in 
der Epiſtel St. Jacobi im erſten Kapitel, fünften Vers, antrafß. „So 
aber Jemand unter euch Weisheit mangelt, der bitte von Gott, der da 
giebt einfältiglich Jedermann, und rückt es Niemand auf; ſo wird ſie ihm 
gegeben werden.“ Vertrauend auf Gottes Wort zog er ſich in ein 
Gehölz zurück, und betete zu dem Herrn und flehte ihn an, ihm Weisheit 
und Erkenntniß in dieſer Sache zu geben. Als er ſo beſchäftigt war, 
verbreitete ſich ein glänzendes Licht um ihn her, und zwei Berfenen, 
welche beide in ihren Geſichtszügen einander glichen, von Glorie umſtrahlt, 
ſtellten ſich vor ihm dar, dieſk gaben ihm Belehrung über dasjenige, was 
vorher ſein Gemüth beunruhigt hatte. Es wurde ihm verſtändlich gemacht, 
daß alle Kirchen in Hinſicht vieler Dinge im Irrthum ſeien; und es 
ward ihm anbefohlen, ihren Irrthümern nicht zu folgen und er erhielt 
das Verſprechen, daß die Fülle des Evangeliums zu einer ſpätern Zeit ihm 
offenbart werden ſollte: Darauf verſchwand die Viſion und ließ ſein 
Gemüth in einem Zuſtande der Ruhe und des Friedens. 

Einige Zeit darauf, als er in eifrigem Gebet begriffen war, drang 
plötzlich ein Licht in ſein Zimmer, gleich dem des Tages, aber weit reiner 
und glänzender und glorreicher. Bei der erſten Erſcheinung deſſelben kam 

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— 


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es ihm vor, als ob das Hin mit verzehrendem Feuer angefüllt wäre. 
Dieſe plötzliche Erſcheinung eines ſo herrlichen und heiligen Lichtes, erregte 
in ihm ein Gefühl und eine Erſchütterung, welche ſein ganzes Weſen 
durchdrang: doch erfolgte darauf eine Ruhe, eine Heiterkeit des Gemüths, 
und ein unbeſchreibliches Gefühl von Freude, und in demſelben Augen— 
blicke ſtand eine Geſtalt vor ihm. Dieſes Weſen war mit einem Licht— 
glanz umgeben, der noch glänzender war als das Licht, in welchem es 
ſich bewegte, und obgleich ſein Angeſicht wie ein Blitzſtrahl glänzte, hatte 
es doch ein gefälliges, unſchuldiges und glorreiches Ausſehen, fo daß jede 
Furcht aus ſeinem Herzen verſchwand, und die tiefſte Ruhe in ſeiner Seele 
herrſchte. Die Größe dieſes himmliſchen Weſens überſtieg ein wenig 
diejenige der Menſchen in unſern Tagen; ſein Kleid war ganz weiß und 
ſchien keine Nath zu haben. Es kündigte ihm an, daß es ein Engel 
Gottes ſei, auf Befehl zu ihm geſandt, um ihm zu verſichern, daß ſeine 
Sünden vergeben ſeien, und ſeine Gebete erhört, und auch, um ihm die 
frohe Botſchaft zu bringen, daß der Bund, welchen Gott mit Iſrael vor 
alten Zeiten in Betreff ihrer Nachkommenſchaft gemacht habe, bald erfüllt 
werden ſollte; daß das große Werk der Vorbereitung für die zweite 
Zukunft des Meſſias ohne Verzug anfangen ſolle — daß die Zeit vor— 
handen ſei, wo das Evangelium in ſeiner ganzen Fülle und Kraft allen 
Nationen gepredigt werden ſolle; damit ein Volk mit Glauben und 
Gerechtigkeit für das tauſendjährige Reich des Friedens und der allgemeinen 
Freude ſich vorbereite; und daß er ſelbſt berufen und erwählt ſei, als 
ein Werkzeug in Gottes Händen zu dienen, um einige ſeiner wunderbaren 
Zwecke in dieſer letzteren Dispenſation zu erfüllen. 

Dieſer Engel offenbarte dem Joſeph Smith unter andern, daß die 
Amerikaniſchen Indianer ein Ueberbleibſel des Volkes Iſrael ſeien; und 
als ſie zuerſt nach Amerika ausgewandert, es ein aufgeklärtes, geiſtreiches 
Volk geweſen ſei, das die Erkenntniß des wahren, einzigen Gottes beſeſſen 
habe, deſſen Gunſt es genoſſen, und aus deſſen Händen es beſondere 
Segnungen empfangen habe; daß ihre Propheten und inſpirirten Schreiber 
den Befehl hatten eine heilige Geſchichte der wichtigſten Begebenheiten 
zu führen, die ſich unter ihnen ereigneten; daß dieſe Geſchichte lange Zeit 
von Geſchlecht zu Geſchlecht übertragen ſei, bis zu der Zeitperiode, wo 
das Volk in große Verderbtheit gefallen; wo der größte Theil deſſelben 
vernichtet worden, und daß die Annalen (in Folge des Befehls, welchen 
Gott einem ihrer letzten Propheten ertheilt) an einen ſichern Ort nieder— 
gelegt wären, um ſie vor den Händen der Böſen zu bewahren, welche 
ſie zu zerſtören ſtrebten. Joſeph Smith ward durch den Engel unter— 
richtet, daß dieſe Urkunden viele heilige Offenbarungen, im Betreff des 
Evangeliums des Reiches; ſo wie auch Prophezeiungen über die großen 
Ergebniſſe der letzten Tage enthielten; und daß ſowohl, um die Verſpre— 
chungen Gottes, die er den Vätern gegeben habe, zu erfüllen, als auch 


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um ſeine Zwecke zu erreichen in der Wiederherſtellung ihrer Kinder, es 
nothwendig ſei, daß dieſe Urkunden ans Tageslicht gebracht würden. Er 
ſelber, Joſeph Smith, ſollte, wenn er getreu bliebe, das Werkzeug 
ſein, welches einer ſolchen großen Gnade theilhaftig werden ſollte, dieſe 
heiligen Dinge zur Kenntniß aller Völker zu bringen; doch ward ihm 
zugleich ausdrücklich angeſagt, daß alles dieſes geſchehen müſſe mit ein— 
fältigem Herzen zur Ehre Gottes, und daß dieſe Urkunden Niemandem 
anvertraut werden würden, der ſeine eigene Größe ſuche, und heilige 
Sachen zu ungerechten und ſpeculativen Zwecken verkehre. Nachdem er 
ihm noch manche Belehrungen über vergangene und zukünftige Dinge 
gegeben hatte, deren es nicht nothwendig iſt, hier zu erwähnen, ver— 
ſchwand der Engel, und das Licht und die Glorie Gottes, die 
denſelben umgeben hatten, aber ihm blieb ein vollkommener Frieden 
in ſeinem Gemüthe zurück, und eine unbeſchreibliche Ruhe und Hei— 
terkeit in ſeinem Herzen. Doch ehe der Morgen anbrach, erſchien ihm 
das Geſicht noch zweimal, und gab ihm immer wieder neue Aufklärungen 
über das große Werk Gottes, das auf Erden erfüllt werden ſollte. Am 
nächſten Morgen ging er ſeiner Gewohnheit nach, auf das Feld, um zu 
arbeiten, aber bald darauf erneuerte ſich das Geſicht; derſelbe Engel 
erſchien ihm nochmals, und da er in den Viſionen der verfloſſenen Nacht 
über den Ort, wo die Urkunden aufbewahrt waren, unterrichtet worden, 
ſo ward ihm jetzt anbefohlen, ſogleich ſich dahin zu begeben. Demzufolge 
verfügte er ſich ungeſäumt an den Ort, der ihm angezeigt war, und fand 
an dem Abhange, beinahe auf der Spitze eines Hügels einen ſteinernen 
Kaſten, deſſen eine obere Seite über der Erde ſichtbar war. Mit einem 
kleinen Hebel und geringer Anſtrengung entdeckte er den Inhalt des 
Kaſtens. Unten am Boden deſſelben war eine alterthümliche Bruſt— 
Platte, auf dieſer Platte lagen die Urkunden auf drei kleinen Säulen. 
Während er dieſen heiligen Schatz mit Erſtaunen und Verwunderung 
betrachtete, ſtand der Engel Gottes, der ihn zuvor beſucht hatte, wieder 
bei ihm, und ſeine Seele wurde wieder erleuchtet wie in der vorigen 
Nacht und er ward des Heiligen Geiſtes voll, die Himmel waren offen 
und die Herrlichkeit des Herrn umgab ihn und ruhete auf ihm. 

Während er ſo im Anſchaun und Bewundern begriffen war, ſagte der 
Engel: — „Sieh!“ — und alsbald ſah er den Fürſten der Finſterniß, 
umgeben von der zahlloſen Schaar ſeiner Anhänger; wie dieſe bei ihm 
vorüberzogen, ſagte der Himmliſche Bote: Alles dies iſt Dir gezeigt 
worden, das Gute und das Böſe, das Heilige und das Unreine, die 
Glorie Gottes und die Macht der Finſterniß, damit Du in der Zukunft 
beide Gewalten kenneſt und vom Böſen niemals verleitet oder bezwungen 
werdeſt. Siehe, alles was uns anzieht und zum Guten führt und uns 
anleitet Gutes zu thun, kommt von Gott, und alles was dieſem entgegen— 
ſtrebt, kommt von dem Böſen. Dieſer iſt es, der die Herzen der Men— 


ſchen mit Böſem erfüllt, fie verleitet in Finſterniß zu wandeln und Gott 
zu läſtern, und Du wirſt von nun an wiſſen, daß ſeine Wege zum Ver⸗ 
derben führen, aber der Weg der Heiligkeit iſt Frieden und Ruhe. Du 
kannſt noch nicht dieſe Urkunden mit Dir fortnehmen, denn Gottes 
Befehle ſind ſtreng, und wenn jemals dieſe heiligen Dinge erlangt werden, 
ſo muß es durch Gebet, Treue und Gehorſam gegen den Herrn ſein. 
Sie ſind nicht hier niedergelegt worden, um Gewinn und Reichthum und 
Ehre für dieſe Welt zu erwerben. Sie ſind durch das Gebet des Glaubens, 
und wegen der Belehrungen, die in denſelben enthalten ſind, verſiegelt 
und haben keinen anderen Werth für die Menſchenkinder als dieſer Beleh⸗ 
rungen wegen. In ihnen iſt die Fülle des Evangeliums Jeſu Chriſti 
enthalten, wie es dem Volke in dieſem Lande gegeben worden, und wenn 
es durch die Macht Gottes ans Licht gebracht iſt, wird es zu den Heiden 
getragen, von denen viele es annehmen werden, und dann werden die 
Abkömmlinge Iſraels wieder zur Heerde ihres Heilands zurückgeführt, 
die ſeinem Wort gehorchen werden. Diejenigen, welche die Gebote des 
Herrn in dieſem Lande hielten, haben es von Gott erbeten, und durch 
Gebet im Glauben dieſe Gnade erlangt; daß wenn auch ihre Nach— 
kommen ſündigen, und ſich von den Wegen Gottes entfernen, dieſe 
Urkunden doch erhalten werden ſollten, um in ſpäteren Tagen auf ihre 
Kinder zu kommen. 

Noch viele andere wichtige Sachen wurden ihm von dem Engel offen— 
bart, die hier nicht angeführt werden können, es genügt zu ſagen, daß 
Joſeph Smith, die erwähnten Platten am 22ſten September 1827 erhielt. 

Auf dieſen, welche das Anſehen von Goldplatten hatten, waren die Ur— 
kunden eingravirt. Jede Platte war ungefähr ſieben bis acht Zoll lang und 
breit, etwas dünner wie gewöhnliche Blechplatten. Auf beiden Seiten 
der Platten waren Gravirungen in der modernen oder verbeſſerten Aegyp— 
tiſchen Hieroglyphen-Schrift; fie waren an einander geheftet wie die Blät— 
ter eines Buchs, und an einer Seite mit drei Ringen an einander befeſtigt, 
die durch alle Platten gingen. Die Charactere oder Buchſtaben auf dem 
unverſiegelten Theil waren klein und ausgezeichnet ſchön gravirt. Das 
ganze Buch trug die Zeichen eines großen Alterthums in ſeiner Zuſam— 
menſetzung ſowohl, als in der Gravirung. 

Bei dieſen Urkunden befand ſich ein ganz merkwürdiges Werkzeug, das 
von den Alten „Urim & Thummim” genannt wurde. Dieſes beſtand 
aus zwei durchſichtigen Steinen, klar wie Kryſtall, die an den beiden 
äußerſten Enden eines kleinen Bogens eingefaßt waren. Dieſes wurde in 
alten Zeiten von Leuten gebraucht, die man Seher nannte, mittelſt 
dieſes Inſtruments erhielten ſie Offenbarungen über entfernte, vergangene 
oder zukünftige Dinge. 

2tes Buch Moſes 28, 30. „Und ſollſt in das Amtſchildlein thun Licht 
und Recht (den Urim und den Thummim) daß fie auf dem Herzen 


— 7 — a 
Aarons ſeien, wenn er eingehet vor dem Herrn, und trage das Amt der 
Kinder Iſrael auf feinem Herzen vor dem Herrn allewege.“ Ztes Buch 
Moſes 8, 8. Und that ihm das Schildlein an und in das Schildlein 
Licht und Recht (den Urim und Thummim). Esra 2, 63. Und Ha⸗ 
thirſatha ſprach zu ihnen, ſie ſollten nicht eſſen vom Allerheiligſten bis 
ein Prieſter ſtände mit dem Urim und Thummim Eicht und Recht). 

Jo ſeph Smith hat dieſe Urkunden in die engliſche Sprache überſetzt 
durch Gottes Macht und Güte und vermittelſt des Urim und Thummim. 
Dieſe ſehr alte Geſchichte giebt uns Nachrichten über ein Volk, welches 
ſich vom Thurm zu Babel nach Amerika begiebt, zu einer Zeit als nach 
dem Bericht in der Heiligen Schrift, die Menſchen über den ganzen Erd— 
boden zerſtreut wurden. Sie enthalten auch noch die Geſchichte eines 
anderen Volks, welches Jeruſalem während der Regierung Zedekiahs 
verließ, der damals König von Judäa war. Man findet die Erzählung 
ihrer Reiſe und ihrer Ankunft auf dem Feſtlande von Amerika, die Weiſe 
ihrer Gottes-Verehrung und Beſchreibung ihrer Tempel, verſchiedener 
Städte, Burgflecken und Dörfer. Es giebt darin eine Auskunft über die 
Länder-Theilung dieſer Völker, ihrer Geſetze, Kriege und Zwiſtigkeiten. 
Man erſieht daraus auch, daß Propheten unter ihnen gelebt haben, daß 
ſie das Wort des Herrn und Offenbarungen gehabt haben, wie die alten 
Iſraeliten auf dem Feſtlande von Aſien; auch findet man darin die 
Geſchichte ihrer böſen Thaten, ihrer Beſtrafung und ihres endlichen 
Unterganges. 

Dieſe Urkunden berichten uns, daß unſer Herr Jeſus Chriſtus nach 
ſeiner Auferſtehung ihnen erſchienen iſt, und das Evangelium unter ſie 
gepflanzt hat. Daß unſer Herr zwölf Apoſtel unter ihnen erwählte; daß fie 
Propheten, Evangeliſten, Prediger und Lehrer hatten; daß ſie tauften im 
Namen Jeſu für die Vergebung der Sünden und die Hände auflegten, 
um den Heiligen Geiſt zu ertheilen; — daß dieſelben Kräfte, Segnungen 
und Gaben ihrer Adminiſtration folgten, als denen der Apoſtel auf dem 
Feſtlande von Aſien; daß die Kirche daher die Gabe der Sprachen hatte; 
daß die Kranken geheilt wurden, durch Auflegung der Hände; daß ſie 
Propheten und Offenbarungen und alle die Segnungen, Gaben, Macht 
und Rechte beſaßen, welche die Aſiatiſchen Kirchen hatten; aber daß dieſes 
Volk, welches eine Zeitlang fo geſegnet war, im Laufe der Zeit geſün— 
digt und Gottes Zorn auf ſich herabgezogen habe. — Ein ſchreckliches 
Gericht überraſchte ſie, und Hunderte von Tauſenden derſelben, wurden 
in den Schlachten getödtet, und der letzte ihrer Propheten, hatte von dem 
Herrn den Befehl erhalten, eine Geſchichte dieſer Vorfälle zu ſchreiben, 
und ſie unter der Erde zu verbergen, mit dem Verſprechen, daß dieſe 
Geſchichte ans Tageslicht kommen werde, zum Nutzen ſeines Volks und 
für die Erfüllung ſeiner Abſichten in den letzten Tagen. 

Da man jetzt beſchäftigt iſt, dieſes Buch in die Franzöſiſche Sprache 


— 

zu überſetzen und binnen kurzem auch eine Deutſche Ueberſetzung deſſel— 
ben erſcheinen wird, ſo verweiſe ich den Leſer wegen weiterer Belehrung 
über dieſen Gegenſtand au das Buch Mormons. 

Der Herr hat in einer Viſion noch drei anderen Zeugen die Sachen 
beſtätigt, welche Sea Smith offenbart worden find; ihr Zeugniß 
wird mit dem Buche Mormons herausgegeben werden, ſo wie das Zeug— 
niß von acht anderen Perſonen, welche dieſe Platten geſehen, ſie unter— 
ſucht und angefühlt haben. 

Im Jahre 1829, als Joſeph Smith und Oliver Cowdery erfah⸗ 
ren hatten, welches die rechte Weiſe ſei, die heilige Taufhandlung zu 
vollziehen, durch die Belehrung, welche unſer Herr in dieſer Hinſicht den 
alten Nephiten gegeben hatte, wie es im Buche Mormon berichtet wird, 
da wünſchten ſie auch getauft zu werden; da ſie nun wohl wußten, daß 
keine der beſtehenden Kirchen die nöthige Vollmacht hat, um dieſes heilige . 
Sacrament zu ertheilen, waren ſie bekümmert zu wiſſen, wie dieſe Auto— 
rität wieder hergeſtellt werden könnte. Sie waren in der That wohl 
überzeugt, daß ein Befehl, welcher auf die Unſterblichkeit Bezug hat, 
nicht gültig ſein könnte, wenn die Leute, welche denſelben vollzögen, nicht 
von Gott den Auftrag dazu erhalten hätten. Ohne dieſen Auftrag von 
Gott, von welchem Nutzen könnte es fein, oder welche Wohlthaten könnte 
es verſchaffen? Die Taufhandlung, wenn ſie dieſelbe in ihrem eigenen 
Namen ertheilten, würde von unſerm Herrn nicht auerkannt werden, und 
wenn ſie dieſelbe im Namen des Herrn ertheilten, ohne dazu den Auf— 
trag erhalten zu haben, wäre es nicht ungerechter Weiſe den Namen des 
Herrn mißbrauchen und in heiligen Sachen betrügeriſch handeln und 
daher das Mißfallen Gottes auf ſich ziehen? Mit dem innigſten Wunſche 
über dieſen Gegenſtand, Aufklärung zu erhalten, fleheten ſie zu dem 
Herrn. Während ſie im Gebet begriffen waren, erſchien ihnen ein heiliger 
Engel und ſtand vor ihnen. Dieſer gab ihnen Belehrungen über das, 
was ſie thun ſollten, darauf legte er ſeine Hände auf ihre Häupter und 
ordinirte ſie damit, dann befahl er ihnen, einer den andern zu taufen, 
was feinem Befehl zufolge geſchah. — 

Am ſechsten April 1830 wurde die Kirche Jeſu Chriſti der Heiligen 
der letzten Tage organiſirt ja der Township Manchester, Grafſchaft 
Ontario, Staat New-York in Nord-Amerika. Mehrere wurden berufen 
und erweckt durch den Geiſt 1 5 Wahrſagung und Offenbarung, und ſie 
fingen an zu predigen und Zeugniß zu geben, wie der Geiſt es ihnen ein— 
gegeben, und obgleich ſie ſchwache Geſchöpfe dieſer Erde waren, wurden 
ſie doch durch den Heiligen Geiſt geſtärkt und gaben ihr Zeugniß mit 
großer Kraft, ſo daß viele ſich bekehrten und mit reuigem Herzen und 
demüthig kamen und ſich taufen ließen Na Eintauchung ins Waſſer; 
ſie bekannten ihre Sünden und erhielten die Gabe des Heiligen Geiſtes 
durch Auflegung der Hände, und der Heilige Geiſt legte ſich auf ſie mit 


— 
großer Kraft, ſie hatten Viſionen und prophezeiten; Teufel wurden aus⸗ 
getrieben und die Kranken wurden geheilt, durch Auflegung der Hände. 

So beſtätigte der Herr ſein Wort, wie in vormaligen Zeiten, auf dem 
Continent von Aſien, durch die Zeichen, welche folgten; er berief Zeugen, 
um von ſeinem Namen und von der Gründung ſeines Reiches in dieſen 
letzten Tagen zu zeugen; und die Herzen ſeiner 1 wurden geſtärkt 
und mit großer Freude erfüllt. 

Die Kirche wurde organiſirt, durch Offenbarung, nach dem Muſter, 
welches unter den Leuten Gottes auf dem Continent von Amerika beſtan— 
den hatte, und auch nach dem Muſter, welches von den erſten Chriſten in 
Aſien beobachtet wurde, denn Beide waren übereinſtimmend. 

In der Organiſation gab es Apoſtel, Propheten, Evangeliſten, Paſto— 
ren, Biſchöfe, Prediger und Lehrer, die ernannt waren. Dieſe lehrten 
dieſelben Lehren und ertheilten dieſelben Verordnungen, wie die Prediger 
der urſprünglichen Kirche. Sie lehrten das Volk an Gott glauben und 
an ſeinen Sohn, unſern Herrn Jeſus Chriſtus; ſie lehrten den Men— 
ſchen, ihre Sünden bereuen, das Böſe meiden und im Namen Jeſu 
Chriſti ſich, um Vergebung ihrer Sünden zu erlangen, taufen zu laſſen. 
Alle, welche glaubten und ſich bekehrten, wurden getauft durch Eintau— 
chung, und alsdann empfingen ſie, durch die Auflegung der Hände, die 
Gabe des Heiligen Geiſtes. Die Gaben und die Segnungen, welche 
vormals in der Kirche beſtanden, wurden wieder erneut; dem einen ward 
durch den Geiſt das Wort der Weisheit gegeben, dem andern durch den— 
ſelben Geiſt das Wort der Erkenntniß, einem andern die Gabe der Hei— 
lung, einem andern der Glaube, einem andern die Gabe Wunder zu 
thun, einem andern Weiſſagung, einem andern Geiſter zu unterſcheiden, 
einem andern mancherlei Sprachen, einem andern die Sprachen auszu— 
legen. 1. Corinth. 12, 8 — 10. Die Engel walteten wieder, und die— 
ſelben Gewißheiten, Wahrheiten und Erkenntniſſe, welche vormals die 
Herzen der alten Heiligen tröſteten und erfreuten, lebten wieder in den 
Herzen der Heiligen; das Zeugniß wurde gegeben, und Viele glaubten an 
die Lehren, welche von den Predigern der Kirche gelehrt wurden, gehorch— 
ten dem Wort und ließen ſich taufen. 

Bald nach der Organiſation der Kirche, wurden eine gewiſſe Anzahl 
„Aelteſter“ erwählt und beſtellt, um ein Ganzes (Rath) zu bilden, 
der aus ſiebenzig Perſonen beſtünde, nach dem alten Muſter. Luc. 5, J. 
Dieſe begaben ſich nach verſchiedenen Oertern in den Vereinigten Staa— 
ten, predigten das Evangelium, und Tauſende glaubten den Lehren und 
Grundſätzen, die ſie lehrten. Nach dieſer Zeit, wie das Wort Gottes 
wuchs und ſich vermehrte, wurde ein zweiter Rath von Siebenzigern 
erwählt; es giebt deren jetzt drei und dreißig, deren Pflicht es iſt, das 
Evangelium allen Nationen, Stämmen und Völkern in jeder Sprache 
zu predigen, unter Leitung der Zwölfe. Die obenerwähnten „Aelteſten“ 


ud: — 

haben in allen Theilen der Vereinigten Staaten, in Canada und in ver— 
ſchiedenen Provinzen Englands gepredigt, und Tauſende haben ſich mit 
dieſer Kirche vereinigt. Dieſes Evangelium hat ſich in verſchiedenen 
Theilen der Erde verbreitet. Es giebt viele Gemeinden auf den Inſeln 
des ſtillen Oceans, in Auſtralien und in Oſtindien. 

Im Jahre 1837 kamen einige „Aelteſte““ der Kirche nach England, 
und zwei oder drei Jahre ſpäter folgten ihnen verſchiedene andere. Seit 
der Zeit haben ſich etwa Fünfzig Tauſend Perſonen der Kirche ange— 
ſchloſſen, von denen eirea Fünfzehn Tauſend nach den Vereinigten Staa— 
ten ausgewandert ſind. Faſt in allen Provinzen Englands giebt es 
„Aelteſte,“ in Schottland, im Lande Wallis, und einige in Irland. 
Dieſe Aelteſten ſind gewöhnlich Männer, welche von ihrem eigenen Volke 
bevollmächtigt worden ſind. Denn, nachdem dieſelben ſich die Wiſſenſchaft 
der ihnen gelehrten Grundſätze zu eigen gemacht haben, find fie fähig 
geworden, Andere zu unterrichten. Manche der Aelteſten, die zuerſt in 
England angekommen ſind, leben gegenwätig unter anderen Nationen. 

Zur ſelben Zeit, wo ich mich nach Frankreich begab, reiſten verſchiedene 
andere Aelteſte nach Italien, nach Schweden und nach Dänemark, und 
überall ſind Kirchen organiſirt worden. Wir erwarten bald aufgefordert 
zu werden, alle Theile der Welt zu beſuchen. Zu der Zeitperiode, wo wir 
den Great Salt Lake verließen, hatte man die Abſicht, die Aelteſten der 
Kirche nach Süd-Amerika, nach China und den Inſeln der Südſee zu 
ſchicken, die bisher noch nicht von uns beſucht worden ſind. Unſer Zweck 
iſt es, dieſes Evangelium in allen Theilen der bewohnbaren Welt zu 
verbreiten, ſo wie uns befohlen worden. 

Seit Errichtung der Kirche haben wir viele Verfolgungen erlitten, und 
meiſtens von Leuten, die zu einer ausſchließlichen Religionsſecte gehör— 
ten, denn die Offenbarungen Gottes in dieſem Zeitalter, wie es denn 
auch zu allen Zeiten der Fall geweſen iſt, können nicht anders als den 
Anſichten der Menſchen, ihren Glaubensbekenntniſſen, ihren Meinungen 
und überhaupt den Religionen und Verderbtheiten der Menſchen ent— 
gegen ſein. Und während nun gute und aufrichtige Leute von der 
Wahrheit überzeugt werden, verſuchen die Schlimmen die Macht der 
Verfolgung, da ſie die Grundſätze weder durch die Heilige Schrift 
noch Vernunftgründe widerlegen können. So war es mit allen alten 
Propheten. Unſer Herr Jeſus Chriſtus wurde gekreuzigt, ſeine 
Apoſtel wurden verfolgt und getödtet, weil ſie Lehren predigten, welche 
mit den Vorurtheilen, Glaubensſecten und Verderbtheiten der Menſchen 
nicht übereinſtimmten. Es ſteht geſchrieben: „der Gerechte wird viele 
Verfolgungen erleiden.“ Aber jemehr die Menſchen uns verfolgt haben, 
und uns zu unterdrücken ſuchten, um deſto mehr hat das Wort Gottes 
zugenommen und ſich vervielfältiget, und deſto mehr haben ſich unſere 
Umſtände verbeſſert. 


u 

Bald nach der Organiſation der Kirche, vereinigten fich mehr als tau= 
ſend Perſonen mit der Kirche zu Geauga, eine Grafſchaft im Staate 
Ohio, und binnen Kurzem bildete ſich daſelbſt eine große Kolonie. An— 
dere Niederlaſſungen wurden geſtiftet im Staat Missouri, in der Provinz 
Jackson und Clay; aber durch den Einfluß einer vereinigten Verfolgung 
wurden wir gezwungen, dieſe Plätze, mit Aufopferung eines großen Theils 
unſerer Güter, zu verlaſſen. Die Heiligen haben Schmach und Schmä— 
hungen jeglicher Art erlitten. Unſere Verfolger verbreiteten über uns 
die niedrigſten Verläumdungen, um ihre Handlungen der Finſterniß zu 
verbergen, und um Thaten zu rechtfertigen, die Gefängnißſtrafe oder den 
Tod verdienten, wenn ſie nach ihren Werken empfangen hätten. Nach 
dieſem hatten wir unſere Anſiedelungen in der Provinz Caldwell und 
Davies im Missouri, wo wir Niederlaſſungen errichtet hatten, die viel 
bedeutender waren, wie diejenigen, die man uns zu verlaſſen genöthigt 
hatte. Wir gründeten daſelbſt eine Stadt, die wir Far-West nannten, 
aber der Geiſt der Verfolgung erhob ſich wieder gegen uns und Religions- 
Lehrer vereinigten ſich mit Leuten ohne Grundſätze, denen es nach unſerm 
Eigenthum lüſtete, um uns aus den Staaten zu vertreiben. Die aller- 
empörendſten Scenen fanden ſtatt. Man verbreitete die allerabſcheulichſten 
Lügen in allen Theilen der Vereinigten Staaten über uns, bis zu einem 
ſolchen Grade, daß, um einen Ruheort zu finden, wir abermals genöthigt 
waren, die Staaten und unſer Eigenthum zu verlaſſen. Von da begaben 
wir uns nach IIlinois, wo wir eine Zeitlang von der Regierung beſchützt 
wurden. Daſelbſt erbauten wir in wenigen Jahren die Stadt Nauvoo, 
welche mehr als zehn Tauſend Einwohner zählte. Wir erhielten einen 
Charter (Patentbrief) für unſere Stadt, und wir hatten unſere eigene 
Obrigkeit und Gerichtsbarkeit. Der Tempel, welchen wir da errichtet 
haben, war das herrlichſte Gebäude in dem Staate. Der größte Theil 
des Landes von 10 bis 12 Meilen in der Breite und 30 Meilen in der 
Länge gehörte uns und wir hatten drei ſchöne Meierhöfe daſelbſt. Wir 
hatten Fabriken angelegt, und Anſtalten gemacht, denſelben die größte 
Ausdehnung zu geben, als die Verfolgung von Menſchen aus derſelben 
Klaſſe ſich wieder gegen uns erhob, indem ſie ſich ungefähr derſelben 
Mittel wider uns bedienten wie vormals. Unſere Feinde konnten indeſſen 
nicht viel gegen uns ausrichten, da wir ſchon allgemeiner bekannt waren; 
doch hernach organiſirten ſich dieſe auf eine regelmäßige Art, und bildeten 
eine Partei, die ſich Anti- Mormons nannten. Sie hatten ihre Preſſen, 
um öffentliche Bekanntmachungen herauszugeben, ſie hielten regelmäßige 
Verſammlungen, um die Provinz gegen uns aufzureizen, ſie erfanden 
alle Arten falſcher Anklagen, welche uns allen möglichen beleidigenden 
Handlungen ausſetzten. 

Durch alle Mittel, die ihnen zu Gebot ſtanden, reizten ſie uns. Wäh— 
rend einer dieſer Aufregungen waren Joſeph Smith und ſein Bruder 


12 = 


Hyrum Smith der Gegenſtand einer Anklage, welche von Leuten ohne 
Grundſätze gegen ſie geführt wurde, allein jene weigerten ſich, den Vor— 
ladungen, die man ihnen geſchickt hatte, Folge zu leiſten, und ſich in die 
Hände dieſer Menſchen zu geben, es ſei denn, daß ſie von einer bewaff— 
neten Macht begleitet wären, um ſie zu beſchützen. Darauf begaben ſie 
ſich nach Carthago, wo man ſie ins Gefängniß warf. Ins Gefängniß 
daſelbſt drang eine bewaffnete Mörderbande verkleidet, und die Geſichter 
wie Indianer bemalt, und tödteten beide Brüder Smith. Und die 
Miliz, welche zu den Truppen des Gouverneurs gehörte, welcher ver— 
ſprochen hatte, ſie zu beſchützen, halfen dieſen Böſewichtern in der Aus— 
führung ihrer teufliſchen Handlung. 

Wir hatten zu der Zeit eine bewaffnete Armee von fünftauſend Mann: 
dieſes war die ſogenannte Nauvoo-Legion, welche den Geſetzen des 
Staats gemäß organiſirt war, mit Offizieren, die von der Regierung 
ernannt waren; dieſe hätten leicht unſere Feinde vertilgen können, die 
weniger zahlreich als wir waren, aber wir wollten keines Menſchen Leben 
nehmen, und da wir wußten, daß eine ſolche Handlung viel Blut koſten 
würde, zogen wir vor, uns ruhig zu verhalten, die Sache Gott und die 
Beſtrafung der Uebelthäter dem Geſetze zu überlaſſen. 

Nach einigen Unterſuchungen, die nur der Form wegen ſtattfanden, 
wurden die Angeklagten freigeſprochen, denn obgleich die Geſetze gut waren, 
hatte doch die ausübende Obrigkeit nicht Kraft genug, dieſelben zu voll— 
ziehen. Aufrührer, Brandſtifter und Mörder konnten alſo in dieſem 
Lande ungeſtraft ihr Weſen treiben. Joſeph Smith war durch den 
ungezügelten Neid, durch Bosheit, religibſe Schwärmerei und Verfolgung 
ſeiner Feinde ungefähr vierzig Mal vor die Gerichtshöfe des Landes ge— 
zogen worden, ohne daß jemals eine einzige Anklage gegen ihn behauptet 
werden konnte. Seine Feinde, die dieſes wohl wußten und auch laut 
erklärten, daß es kein Mittel gäbe, ihn nach den Geſetzen zu verdammen, 
nahmen daher ihre Zuflucht zu Gewaltthaten und Mord, wie ſo eben 
berichtet worden. Unter ſolchen Umſtänden und von beſtändigen Unruhen 
bedroht, hielten wir es wiederum für das Beſte den Staat zu verlaſſen. 
Und fo thaten wir, opferten unſer Eigenthum und Güter und ließen für 
Millionen Dollars an Werth hinter uns zurück, denn in der Stadt und 
deren Umgebungen belief ſich unſere Anzahl mehr als auf dreißig Tauſend. 

Seit dieſer Zeit ſind wir ausgewandert in das Thal des großen Salz— 
Sees (Valley of the Great Salt Lake), wo wir jetzt unſere Nieder— 
laſſungen haben. Der Herr war mit uns und fein Segen hat uns be— 
gleitet, obgleich beraubt und ausgeplündert, waren wir dennoch ſchon nach 
einigen Jahren, als alleinſtehendes Volk betrachtet, in viel beſſern Um— 
ſtänden, denn je zuvor. Wir bewohnen einen Erdſtrich, welcher eine 
ausgezeichnet herrliche Lage hat, denn der Boden iſt ergiebig, und unſer 
Gebiet von großem Umfange. Es iſt der geſündeſte Ort von allen, die 


NE 

wir jemals bewohnt haben. Das Waſſer daſelbſt iſt klar und friſch, und 
wir haben Holz zur Genüge. Vieh-Heerden im Ueberfluß und Alles, was 
zum Lebensunterhalt nothwendig iſt. Wir haben ſchon eine Stadt erbaut, 
welche drei Meilen lang, und zwei Engliſche Meilen breit iſt, ſo wie 
mehrere andere kleine Städte, Dörfer und Niederlaſſungen in verſchiedener 
Entfernung von einander, die ſich ſechshundert Meilen ſüdwärts erſtrecken. 

Wir haben niemals Schwierigkeiten mit der Regierung der Nation 
gehabt, da wir immer die Geſetze und Verfaſſung der Vereinigten Staaten 
unterſtützt haben. Die Regierung iſt auch über unſere Verfolgungen 
wohl unterrichtet, und wir haben erſt neuerlich vom Congreſſe eine Terri— 
torial-Conceſſion erlangt, welche uns das Recht ertheilt, unſere eigenen 
Geſetzgeber und Obrigkeit zu wählen und unſere eigenen Geſetze zu machen. 
Wir ſind Tauſend Engliſche Meilen von unſern Verfolgern entfernt, und 
jeder Schritt, welchen unſere Feinde gethan haben, um uns Schaden 
zuzufügen, hat nur dazu beigetragen, unſer eigenes Glück zu vermehren. 
Wenn die Wege, welche wir geführt wurden, voller Schwierigkeiten waren, 
ſo hat das zu unſerer Belehrung und unſerem Beſten gedient, und wenn 
wir verfolgt wurden, ſind wir wieder erlöſt worden von unſern Verfol— 
gern. Der Segen Gottes iſt mit uns geweſen, und ſeine Hand hat uns 
geleitet. Wir erfreuen uns in dem Allerheiligen von Iſrael und wir 
geben Gott Preis und Ehre. 

Einige haben mich gefragt, ob wir Güter und Eigenthum in Gemein— 
ſchaft hätten? Nein! — Ein jeder bebaut ſein eignes Stück Land, ſorgt 
für ſeine eigene Familie und häuslichen Angelegenheiten, und verwaltet 
ſein ganzes Eigenthum. Indeſſen, es ſind Biſchöfe ernannt und erwählt, 
deren Pflicht es iſt, über das zeitliche Wohl der Heiligen zu wachen, und 
denjenigen mit ihrem Rath beizuſtehen, welche ihre Angelegenheiten nicht 
auf die beſte und vortheilhafteſte Art einzurichten wiſſen. Und in Zeiten 
der Noth und Verfolgung haben wir immer einer dem andern mit dem 
letzten Pfennig beigeſtanden, allein das geſchah immer freiwillig und in 
Folge der brüderlichen Liebe gegen einander und zum Beſten des Gemein— 
Weſens, ohne daß Jemand vom Geſetze dazu gezwungen wurde. 
Ueberall wo wir Niederlaſſungen angelegt haben, hat ein Jeder immer 
die Verwaltung und Verfügung über ſein Eigenthum gehabt, und iſt in 
jeder Hinſicht ſein eigner freier Herr geweſen. Unſer Grundſatz iſt: Frei— 
heit für alle Menſchen jedes Glaubens, Farbe und Klima's. Wir lehren 
den Menſchen gute Grundſätze; wenn ſie dieſelben annehmen, Gut! Wenn 
ſie ſie nicht annehmen und befolgen, ſo iſt es ihre Schuld und ihr Unglück, 
nicht das unſerige. Wenn ſie unter uns leben, werden ſie beſchützt, und 
keinem Menſchen iſt es erlaubt, ihre religiöſen Geſetze anzutaſten. Als 
Bürger indeſſen, ſind ſie verpflichtet, die Geſetze des Landes zu beobachten. 

Ich gebe hier jetzt eine kurze Auseinanderſetzung der Lehren, welche uns 
offenbart worden ſind, die wir glauben und lehren. Wir glauben an 


Gott den Vater, und an jenen Sohn unſern Herrn und Heiland Jeſus 
Chriſtus, und an den Heiligen Geiſt; wir glauben an die Verſöhnung 
durch unſern Herrn und Heiland; wir glauben an die Heiligen Schriften 
des alten und neuen Teſtaments, an das Buch Mormon und an die 
Lehren, welche uns in dieſen Büchern gegeben werden. 

Wir glauben, daß Gott jetzt zu dieſer Zeit den Menſchenkindern ſeinen 
Willen offenbart, eben ſo wie er es in jedem anderen Zeitalter gethan 
hat, und daß es unſere Pflicht iſt, ſeinen Willen zu thun und ſeine 
Gebote zu halten. Aber wir glauben nicht, daß Gott jemals irgend eine 
Offenbarung gegeben hat, oder geben wird, die mit einer früher gegebenen 
nicht übereinſtimmte, oder im Widerſpruch wäre. Alle Offenbarungen, 
die er giebt, oder geben wird, ſind nur für die Leitung und Belehrung 
ſeines Volkes für Zeit und Ewigkeit. Wir glauben, daß die Kirche, welche 
von unſerm Herrn Jeſus Chriſtus und ſeinen Apoſteln geſtiftet wurde, 
in ihrer Einrichtung lauter und rein war, und daß jede Abweichung von 
ihren Grundſätzen ein Unrecht iſt. Denn Paulus ſagt: Aber ſo auch 
Wir, oder ein Engel vom Himmel euch würde Evangelium predigen, 
anders, denn das wir euch geprediget haben, der ſei verflucht. Wir 
glauben folglich, daß alle Leute die Lehren geben, Befehle ertheilen oder 
Grundſätze ausbreiten, welche nicht mit denen der Apoſtel übereinſtimmen, 
ſich der ſchwerſten Verantwortlichkeit ausſetzen. 

Wir glauben, daß es in der gegenwärtigen Zeit ebenſo nothwendig iſt, 
Apoſtel, Propheten, Evangeliſten, Paſtoren und Lehrer zu haben, wie 
damals, nach der Lehre der Apoſtel. St. Paulus ſagt: „Und er hat 
Etliche zu Apoſteln geſetzt, Etliche aber zu Propheten, Etliche zu Evan— 
geliſten, Etliche zu Hirten und Lehrern, daß die Heiligen zugerichtet wer— 
den zum Werk des Amts, dadurch der Leib Chriſti erbauet werde; bis 
daß wir alle hinan kommen zu einerlei Glauben und Erkenntniß des 
Sohnes Gottes, und ein vollkommener Menſch werden, der da ſei in dem 
Maaße des vollkommenen Alters Chriſti; auf daß wir nicht mehr Kinder 
ſein und uns wägen und wiegen laſſen von jedem Wind der Lehre durch 
Schalkheit der Menſchen und Täuſcherei, damit ſie uns erſchleichen, 
um uns zu verführen. Laſſet uns aber rechtſchaffen ſein in der Liebe, 
und wachſen in allen Stücken an dem, der das Haupt iſt, Chriſtus.“ 
Epheſ. 4, 11—15. Wir glauben daher, daß weil dieſe Befehle gegeben 
worden ſind, „um die Heiligen zur Vollkommenheit zu bringen und um 
ſie zum Werk des Amtes zu bereiten, damit der Leib Chriſti erbauet 
werde,“ daraus ſchließen zu müſſen, daß dieſelben Aemter, dieſelbe Ein— 
richtung, dieſelbe Weisheit und dieſelben Kenntniſſe, derſelbe Geiſt und 
dieſelbe göttliche Eingebung auch jetzt ebenſo nothwendig ſind, wie zu jener 
Zeit, oder zu irgend einer andern Zeit. 

Die Urſache, weshalb jetzt ſo viel Zwietracht und Uneinigkeit in der 
chriſtlichen Kirche ſtattfindet, iſt, daß die Menſchen die Ordnung und Ein- 


s 
richtung, welche Gott in der Kirche eingeſetzt hat, verändert, und ihre 
eignen Grundſätze eingeführt haben, welche Gott nie befohlen hat, noch 
anerkennen wird. S. 1. Cor. 1, 12. 

Wir glauben und wir lehren den Glauben an unſern Herrn Jeſus 
Chriſtus, Reue vor Gott, an die Taufe der Erwachſenen durch Unter— 
tauchung in's Waſſer für die Vergebung der Sünden; an das Auflegen 
der Hände durch diejenigen, welche Gott berufen hat, die rechtmäßig beſtellt 
ſind, und die Vollmacht dazu haben durch die Gabe des Heiligen Geiſtes. 

Wir glauben, daß wenn die Menſchen die Gabe des Heiligen Geiſtes 
empfangen, derſelbe auf eine gleiche Weiſe auf ſie einwirkt, wie er es zu 
früheren Zeiten gethan hat, denn Gott hat ſich nicht verändert und ſein 
Wort iſt nicht anders geworden, und ſein Geiſt iſt nicht anders, und 
ſeine Segnungen ſind jetzt im Bereiche aller Menſchen, denn Gott hat ſie 
auf's Neue dem Menſchengeſchlechte wieder gegeben. S. Ev. Marc. 16, 
15 — 18. Die Apoſtel ſagten daſſelbe, da fie anfingen zu predigen, was 
unſer Herr ihnen geboten hatte; denn als Petrus voll des Heiligen Geiſtes, 
von Chriſtus predigte, wollten diejenigen, welche ihn gehört hatten, wiſſen 
was ſie thun ſollten um ſelig zu werden, und er gebot ihnen, Buße zu 
thun, und ſich taufen zu laſſen im Namen Jeſu Chriſti für die Verge— 
bung ihrer Sünden, und er verſprach ihnen, daß ſie den Heiligen Geiſt 
empfangen ſollten. Apoſtelgeſch. 2, 37—39. Und wiederum, als Phi— 
lippus mit dem Aethiopiſchen Kämmerer ſprach und dieſer an den Herrn 
glaubte, da führte ihn Philipp in's Waſſer und tauchte ihn unter und 
taufte ihn. Apoſtelgeſch. 8, 37. 38. Jeſus ward auch getauft von 
Johannes im Jordan und er ſagte zu Nieodemus: „Wahrlich, wahr— 
lich ich ſage Dir: Es ſei denn, daß Jemand geboren werde aus dem 
Waſſer und Geiſt, ſo kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“ 

Der Auflegung der Hände für die Gabe des Heiligen Geiſtes wird auch 
in der Heiligen Schrift erwähnt. Nachdem Philippus zu den Sama— 
ritern geprediget, und eine große Menge unter ihnen glaubten und getauft 
waren, wurden die Apoſtel geſandt um die Hände auf ſie zu legen, daß 
ſie den Heiligen Geiſt empfangen ſollten. „Da aber die Apoſtel hörten zu 
Jeruſalem, daß Samaria das Wort Gottes angenommen hatte, ſandten 
ſie zu ihnen Petrum und Johannem, welche da ſie hinab kamen, über 
ſie beteten, daß ſie den Heiligen Geiſt empfingen, denn er war noch auf 
keinen gefallen, ſondern waren allein getauft im Namen Jeſu Chriſti. 
Da legten ſie die Hände auf ſie und ſie empfingen den Heiligen Geiſt. 
Apoſtelgeſch. 8, 14—17. und auch Apoſtelgeſch. 19, 5. 6. 

Wir achten dieſe Lehren und Befehle nicht gering, und glauben nicht, 
daß man ſie anſehen dürfe, als ob nur eine unbedeutende Wichtigkeit in 
ihnen enthalten wäre, oder daß man dieſelben willkürlich bei Seite ſetzen 
dürfe; denn wie leichtſinnig auch Menſchen dieſe Sachen behandeln, der 
Apoſtel legt uns dieſes als eine Regel vor, um die Richtigkeit unſers 


6 

Glaubens darnach zu beurtheilen, denn es ſteht geſchrieben: „Wer über— 
tritt und bleibet nicht in der Lehre Chriſti, der hat keinen Gott; wer 
in der Lehre Chriſti bleibet, der hat beide, den Vater und den Sohn.“ 
2. Joh. 1, 9. 

Wenn die eben erwähnten, nun die Lehren Chriſti ſind und die Men— 
ſchen andere Lehren und Vorſchriften an deren Stelle geſetzt haben, wie 
können ſie erwarten, daß der Segen und die Kraft Gottes bei ihnen ſei, 
und daß ſein Geiſt ſie auf ihren Wegen begleite? f 

Die Urſache, weshalb ſo viel Streit, Zwiſtigkeiten und verſchiedene 
Meinungen über Religionsſachen in der Welt ſind, iſt, weil die Menſchen 
von der einfachen Wahrheit des Evangeliums abgewichen ſind, weil ſie 
andre Vorſchriften eingeführt haben und weil ſie nach ihrer eigenen Weis— 
heit und nicht nach dem Geiſt Gottes gelehrt haben. Dieſes iſt auch 
die Haupturſache, weshalb ſo viel Unglauben in der Welt gefunden wird; 
denn die Menſchen ſehen ſolche Unverträglichkeiten, Unbeſtändigkeiten, 
Verſchiedenheit der Meinungen und Mangel an Einigkeit, Tugend und 
Geiſt Gottes, daß ſie nahe daran ſind, die Religion eine Fabel zu nennen. 
Denn Diejenigen, welche ihre Bibel geleſen haben, können mit Gewiß— 
heit behaupten, daß das jetzige Chriſtenthum nicht mit der Bibel überein— 
ſtimmt, daß, wenn die Bibel wahr iſt, das jetzige Chriſtenthum es nicht 
iſt; und iſt das jetzige Chriſtenthum wahr, dann iſt die Bibel nicht wahr. 

Wir glauben, daß in Folge der Verderbtheit und Greuel aller Art, 
in der moraliſchen, religiöſen und politiſchen Welt, die Bewohner der 
Erde von großen Strafgerichten heimgeſucht werden, daß Völker gegen 
einander in Aufruhr gerathen, Throne umgeſtürzt und Reiche zerſtört 
werden ſollen, daß Waſſersfluthen, Peſt und Hungersnoth über die Erde 
hinziehen werden, und daß Gottes Gericht von allen Völkern gefühlt 
werden wird. 

Wir glauben, daß Jeſus wieder kommen wird, um perſönlich auf 
Erden zu regieren. - 

Wir glauben, daß Gott der Herr ein Reich errichten, das nie zerſtört, 
ſondern ewig beſtehen wird. 

Wir glauben, daß die Juden in ihrem eigenen Lande wieder verſam— 
melt werden ſollen, nämlich in Jeruſalem, und daß die zehn Stämme 
wieder hergeſtellt werden, ſo wie die Heilige Schrift es verheißen. 

Wir glauben nach der Schrift, daß der Herr ſein Volk noch einmal 
verſammeln werde. „Und es ſoll geſchehen, wer den Namen des Herrn 
anrufen wird, der ſoll errettet werden. Denn auf dem Berge Zion und 
zu Jeruſalem wird eine Errettung ſein, wie der Herr verheißen hat; auch 
bei den Uebrigen, die der Herr berufen wird.“ Joel 2, 32. Die Schrift 
ſagt uns, daß wenn der Herr Zion wieder bringen wird, dann werden die 
Wächter ihn „von Angeſicht zu Angeſicht““ ſehen und daß er fein Volk 
führen wird „einen aus einer Stadt und zwei aus einer Familie, und 


— 11 == 
ſie nach Zion führen, und er wird ihnen Hirten geben nach ſeinem Her⸗ 
zen, die fie mit Weisheit und Verſtand führen werden.“ 

Es ſteht auch geſchrieben im Jeſaias 56, 8. „Der Herr Herr, der die 
Verſtoßenen aus Iſrael ſammelt, ſpricht: Ich will noch mehr zu dem 
Haufen, die verſammlet ſind, ſammeln.“ — Es iſt die Austheilung der 
Vollkommenheit der Zeiten, wovon Paulus redete in ſeinem Briefe an 
die Epheſer 1, 10. „Daß es gepredigt würde, da die Zeit erfüllet war, 
auf daß alle Dinge zuſammen unter ein Haupt verfaſſet würden in 
Chriſto, beides das im Himmel und auf Erden iſt, durch ihn ſelbſt.“ 

Wir glauben, daß der Engel, welcher Joſeph Smith erſchienen, 
derſelbe iſt, deſſen in der Offenbarung Johannis 14, 6. erwähnt wird. 
„Und ich ſahe einen Engel fliegen mitten durch den Himmel, der hatte 
ein ewiges Evangelium, zu verkünden denen, die auf Erden ſitzen und 
wohnen, und allen Heiden und Geſchlechtern und Sprachen und Völkern.“ 

Wir glauben, daß es in der Welt viele Menſchen von aufrichtigem 
Gemüthe giebt, ſowohl unter denen, die ſich zu einer Religion bekennen, 
als auch unter denen, die keine anerkennen, welche von ganzem Herzen 
die Wahrheit annehmen würden, und thun was recht und gut iſt, wenn 
ſie Kenntniß davon hätten, welche ſogar jetzt thun, was ſie vermögen, 
obgleich ſie im Irrthum begriffen ſind, weil ſie die Wahrheit noch nicht 
erkannt haben. 

Wir glauben, daß alle Menſchen, weiß oder ſchwarz, Chriſten oder 
Heiden, Bekenner oder Nichtbekenner nach der Erkenntniß des Lichts ge— 
richtet werden, das ſie empfangen haben und daß wir alle offenbar werden 
müſſen vor dem Richterſtuhl Chriſti, auf daß ein Jeglicher empfange, 
nachdem er gehandelt hat, bei Leibes Leben, es ſei gut oder böſe. 2. Cor. 
5, 10. Offenb. Joh. 20, 12. 13. 

Wir glauben an alle Grundſätze der Aufrichtigkeit, Ehre, Unſchuld, 
Redlichkeit, Tugend und Wahrheit. 

Wir glauben an alles, was der Herr offenbart hat, an dasjenige, was 
er uns jetzt offenbart, und ſind bereit alles zu glauben, was er uns noch 
offenbaren wird. Wir ſind nicht beſchränkt in unſern Gefühlen, noch in 
unſern Anſichten. Unſer Glaube umfaßt jede philoſophiſche, moraliſche 
und religibſe Wahrheit, die für den Menſchen für Zeit und Ewigkeit 
vortheilhaft iſt. Folglich, wo wir alſo einen Grundſatz der Wahrheit 
finden, welchen wir nicht beſitzen, ob derſelbe von einer Geſellſchaft oder 
einem einzelnen Mitgliede herrühre, da nehmen wir ihn mit Freuden an, 
als ob derſelbe zu einem Theil unſerer Glaubens-Artikel gehöre. Wir 
unſererſeits ſind gleich bereit anderen Menſchen die großen Dinge mit— 
zutheilen, welche Gott uns offenbart hat. Denn wir glauben an einen 
lebendigen Gott und an eine lebendige Religion. Es iſt nicht unſer Zweck, 
den Menſchen die Dinge zu erzählen, von welchen andere die Vor— 
theile genießen, ſondern ihnen ihre eigenen Rechte zu zeigen, und ihnen 


ae 
zu jagen, daß dieſelben Segnungen, welche in alten Zeiten da waren, 
auch in ihrem Bereiche ſind. 

Wir glauben an den Gott Abrahams, Iſaacs und Jacobs, an Maſes, 
an die Propheten und Apoſtel, und daß Gott, wie er in alten Zeiten 
ſeinen Dienern ſeinen Willen kund gethan hat, noch lebt, und ſeinen 
Dienern ſeinen Willen offenbart in der jetzigen Zeit, ſo wie er vormals 
gethan hat: ſo daß wir als Kirche, nicht von dem Zeugniß anderer ab— 
hängig ſind, da wir das lebendige Zeugniß unter uns haben. 

Daher kommen wir, die Menſchen, aus der Dunkelheit ins Licht zu 
rufen, aus Ungewißheit, Irrthum und Verwirrung, zur Gewißheit, zum 
Leben, zur Erkenntniß und zur Wahrheit; und um denſelben zu ſagen, 
daß Gott lebt, daß die Engel erſchienen ſind, daß der Himmel ſich auf⸗ 
gethan und Gott ſich den Menſchenkindern offenbart hat, wie in alten 
Zeiten, daß das ewige Evangelium wiederhergeſtellt und daß der Arme 
und der Reiche, der Sanfte und Demüthige, der Prieſter und der Lehrer, 
der Gläubige und der Ungläubige, der Katholik und der Proteſtant ein— 
geladen ſind, an dieſen Segnungen Theil zu nehmen. 

In dieſer Abſicht kamen wir aus der Gegend des Gebietes Deſeret, 
eine Entfernung von Neun Tauſend Engliſchen Meilen, über Berge, 
Wüſten und das weite Weltmeer, im Namen des Gottes Iſrael, wie 
ſeine Diener, um die Einwohner dieſes Landes mit den Segnungen 
bekannt zu machen, deren ſie theilhaftig geworden ſind, und um allen 

tenfchen im Namen Jeſu Chriſti zuzurufen, Buße zu thun und ſich 
taufen zu laſſen, für die Vergebung ihrer Sünden, damit ſie die Gabe 
des Heiligen Geiſtes empfangen und ſelbſt zur Gewißheit der Sachen 
gelangen möchten, welche Gott in Wahrheit uns kund gethan hat. 

John Taylor. 


Bemerkung. 

Da ich den vorſtehenden Bericht nicht in zwei Abtheilungen veröffentlichen 
wollte, habe ich mich genöthigt geſehen, zwei Seiten mehr hinzuzufügen, als 
meine Abſicht war. Die folgenden Auflagen des Panier's werden 16 Druck⸗ 
ſeiten enthalten. Der Obige. 


Ham burg. 
Verfaßt und in Druck herausgegeben von John Taylor, Roſenſtraße No. 27, 
wo Briefe und Beſtellungen, die Bezug auf dieſe Schrift haben, portofrei 
empfangen werden. 


— 2 — 
(Preis 3 Schillinge.) 


Hamburg. Gedruckt bei F. H. Neſtler und Melle. 


Tions Panter 


der 


Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage. 


Wahrheit, Kenntniß, Tugend und Glaube vereinigt. 
„Liebet ihr mich, ſo haltet meine Gebote.“ Joh. 14, 15. 


— — 


M2. December 1. 1851. 1. Dam. 


Ueber das Buch: Mormon. 


In der erſten Nummer dieſer Zeitſchrift, erwähnte ich eines Buches, 
welches von Joſeph Smith, unter dem Namen oder Titel des Buches 
Mormon, aufgefunden und überſetzt wurde. Da dieſes ein vom deut— 
ſchen Publikum nur wenig gekannter Gegenſtand iſt, ſo will ich mir 
erlauben, meinen Leſern darüber einige Bemerkungen anzubieten. Die 
Geſchichte der Ureinwohner von Amerika iſt in tiefes Dunkel gehüllt, und 
ſelbſt in unſern Tagen von den meiſten Menſchen nur wenig gekannt. 
Einige ſtellten die Vermuthung auf, die Eingebornen ſeien Abkömmlinge der 
Normänner (Normannen). Es iſt allerdings möglich, daß einige der im Porz 
den wohnenden Stämme ihre Herkunft von ihnen ableiten; ſchon die Orts⸗ 
nähe führt uns zu dieſer Vermuthung. Es findet augenſcheinlich eine 
große Aehnlichkeit zwiſchen den Esquimo's Nordamerika's und den Lapp⸗ 
ländern Norwegens ſtatt; aber weiter ſüdlich hören dieſe Stammes— 
Kennzüge auf. Der Körperbau, die Geſichtsbildung und der Charakter 
der eigentlichen Indianer ſind unverkennbare Beweiſe, daß ſie zu einem 
andern Völkergeſchlechte gehören. Wahrſcheinlicher iſt es, daß die Nor⸗ 
mannen Amerika entdeckt, und ihre Entdeckung dem Columbus mitge— 
theilt haben, aber das gehört nicht hieher. Eine nicht minder verbreitete 
Meinung iſt, daß dieſe Ureinwohner von Amerika, die Abkömmlinge der 
10 iſraelitiſchen Stämme find, welche Jeruſalem unter der Regierung 
Salmanaſſar's, Königs von Aſſyrien, verlaſſen haben. Es ſind allerdings 
unter den Indianern Anzeichen genug vorhanden, welche zur Begründung 
dieſer Meinung dienen könnten. Eigenthümlichkeiten, welche aus Man— 
gel an einer, von ihnen ſelbſt verfaßten Geſchichte viel für dieſe Meinung 
zu ſprechen ſcheinen; ihre Sprache, Tradition, ihr Gottesdienſt und alles 
über fie Bekannte führt zu dieſer Idee. Boudinot ſagt, daß ihre 
Sprache, beſonders in ihren Wurzeln, Mundarten und deren Satzverbin— 
dungen, ganz das Gepräge des hebräiſchen Geiſtes an ſich tragen, und 
was uns noch merkwürdiger und beachtenswerther dünkt, daß ſie wirk⸗ 
lich den größten Theil der Eigenheiten dieſer Sprache, und zwar insbe⸗ 

2 


20 
ſondere die ſie von allen übrigen Sprachen unterſcheidenden Kennzüge 
deſſelben beſitzt. In Prieſt's Buche, über die amerikaniſchen Alterthü⸗ 
mer iſt dieſe auffallende Thatſache zu leſen: „Im Jahre 1815 fand 
Joſeph Merrie, ein achtbarer Einwohner von Pittsfield in Maſſachu⸗ 
ſetts, der ſich angeſchickt hatte, die Erde unter und neben einem alten Block- 
hauſe, in der Gegend eines Hügels, Colline indienne genannt, auf⸗ 
zugraben etwas, das den Anſchein eines Stückes Leder hatte, ſchwarz, 
ſechs Zoll lang, 12 Zoll breit, etwa wie ein Pferdeſtrang. Nach einigem 
Beſchauen ſeines Fundes, wollte er denſelben durchſchneiden, fand ihn 
aber hart wie Bein. Nachdem es ihm gelungen den Gegenſtand zu 
öffnen, entdeckte er, daß derſelbe aus zwei ſehr dicken Riemenſtücken ver— 
fertigt, und mittelſt der Sehnen eines Thieres, wie mit Gummi, verſchloſ— 
ſen und undurchdringlich war. Inwendig befanden ſich vier Stücke zu⸗ 
ſammen gefalteten Pergaments. Dieſe waren von dunkelbrauner Farbe, 
und mit einer Art Schrift überlegt. Seine Nachbarn, welche ihn be— 
ſuchten, um die Pergamente zu ſehen, zerriſſen eines derſelben in kleine 
Stücke. Merrie hob die drei übriggebliebenen auf, und ſchickte ſie nach 
Cambridge, wo man darüber Nachforſchungen anſtellte. Man entdeckte, 
daß die Schriftzüge, deutlich und leſerlich, hebräiſche waren. Es waren 
angeführte Stellen aus dem Alten Teſtamente, 5. Buch Moſe 6, 4 — 93 
11, 13 — 21; 2. Buch Moſe 13, 11 — 16. Nach Anführung ähn⸗ 
licher Thatſachen fügt Boudinot hinzu: „Kann man dieſe kurze Erzäh— 
lung indianiſcher Ueberlieferungen, von den Stämmen verſchiedener, über 
Oſt und Weſt, Süd und Nord zerſtreut, und gänzlich von einander ge— 
trennt lebender Nationen herrührend, und von mehreren achtbaren Schrift— 
ſtellern, ſowohl als unbeſcholtenen Gelehrten, die alle Mittel, ſich über 
dieſe Sache aufzuklären, in der Hand hatten, in verſchiedenen Zeitperioden 
verfaßt, ohne daß dieſelben Gelegenheit zu gegenſeitigem Umgange hatten; 
kann man, frage ich, einen ſolchen Bericht leſen, und annehmen, daß 
alles dies nur Spiel und Werk des Zufalls; oder ein im Voraus berech— 
neter, und durch die Liebe zum Wunderbaren veranlaßter Betrug ſei; 
deſſen Entdeckung doch den wohlbegründeten Ruf der Berichterſtatter, 
wenn nicht zerſtören, doch gefährden müßte.“ 

Man lieſt im Bibellexicon des Dom Calmet im Artikel über Völker— 
wanderungen: „Monteſini in ſeiner Reiſebeſchreibung für Manaſſe 
Ben Ifrael ſagt, daß er hinter den Cordillera-Gebirgen, welche Chili 
in Amerika umgürten, viele Israeliten wohnend fand. Ferner erzählt er, 
wäre er auf ſeiner Reiſe ins Innere des Landes an das Ufer eines Fluſ— 
ſes gekommen, und hätte auf ein gegebenes Signal, Leute herannahen 
ſehen, welche auf hebräiſch die Worte aus 4. Buch Moſe: „Höre 
Iſrael! Der Herr unſer Gott iſt der einzige Herr!“ wiederholten. Sie 
hielten Abraham, Iſaak und Jakob für ihre Väter, und behaupteten durch 
Ruben von ihnen abzuſtammen. Sie erzählten, durch eine beſondere und 


a — 


wunderbare Führung Gottes in dieſes Land gekommen zu fein; daß in 
Folge der Aufhetzung durch die Magier, die Indianer ſie dreimal mit 
Krieg überzogen, die Iſraeliten aber immer Sieger blieben. Daß zuletzt 
einige Magier dem Schlachtgetümmel entronnen, erklärten, der Gott 
Iſraels ſei der wahre Gott, und in den letzten Zeiten würden die Iſrae— 
liten noch Herren der Welt. Ritter Pen, in ſeinem Briefe über den 
gegenwärtigen Zuſtand der engliſchen Colonieen in Amerika, iſt überzeugt, 
daß deſſen Ureinwohner von den Hebräern ſtammen. Ihre Phyſiogno— 
mien, beſonders diejenigen der Kinder, tragen das unverkennbare, dem 
jüdiſchen ſo ähnliche Gepräge, hebräiſcher Abkunft. Ihre Augen ſind 
ſchwarz und klein. Sie zählen nach Monden; opfern die Erſtlinge ihrer 
Früchte; haben eine Art Laubhüttenfeſt; ihr Altar, heißt es, ſei aus 
zwölf Steinen gebaut; ihre Trauer um die Todten daure ein Jahr; ihre 
Frauen befolgen dieſelben Gewohnheiten, wie jene der Juden; ihre Sprache 
ſei männlich, kurz, kraftvoll und gedrängt; ein Wort genüge für drei, 
das Uebrige bleibe der Errathungsgabe der Hörer überlaſſen. Andere 
gehen in ihren Behauptungen noch weiter, und ſagen, die Mexikaner 
unterzögen ſich der Beſchneidung; es hätte in ihrem Lande Rieſen gegeben; 
die Amerikaner hätten noch ureigene Vorſtellungen von der Sündfluth und 
dem Zuge durch's rothe Meer; man ſchlachte in einigen Gegenden Peru's ein 
weißes Lamm, deſſen Blut mit Mehl vermiſcht, man unter das Volk ver— 
theile, um damit die Thürſchwellen zu beſprengen. Einige glauben an die 
Wiedererſtehung der Todten; erhalten ein immerwährendes Feuer zu Ehren 
ihrer Götter; feiern jedes fünfzigſte als Jubel-Jahr, und den Sabbath 
jede Woche. Dieſe, und noch viele andere den Ureinwohnern Amerika's 
mit den Iſraeliten gemeinſame Charakterzüge, könnten ihre Entſtehung 
unmöglich dem Zufalle verdanken. Man wäre daher gezwungen anzu— 
nehmen, die Iſraeliten ſeien über China, oder irgend einen andern Ort 
nach Amerika vorgedrungen; aber wenn man alle dieſe Thatſachen, die 
zur Grundlage ſolcher Anſichten dienen ſollen, ſichtet, ſo ergeben ſich 
einige von dieſen Kennzügen als falſch, andere als zweifelhaft, und wieder 
andere als zweideutig, und bemerkt man einerſeits unter den Uramerika— 
nern Spuren des Judenthums, ſo finden ſich andererſeits auch welche des 
Chriſtenthums, und insbeſondere des Heidenthums, und eines entſchiede— 
nen und öffentlichen Götzendienſtes. Dieſer Einwand des Dom Calmet 
iſt gerade eine Bekräftigung ſeiner Behauptungen. In der That und 
dem Zeugniſſe des Mormon-Buches gemäß, gab es in Amerika wirklich 
Iſraeliten, Chriſten und Heiden. 

Das Buch Mormon ſpricht von zwei Nationen oder Völkergeſchlech— 
tern, welche beide gemeinſamer, d. h. iſraelitiſcher Abſtammung waren. 
Sie hießen die Nephiten und Lamaniten. Die Nephiten beobachteten das 
Geſetz des Moſes, die Lamaniten wurden Götzendiener. Es berichtet 
weiter, daß der Erlöſer nach ſeiner Auferſtehung den Nephiten erſchien, 


2 2 


8 
daß Viele von ihnen an das Evangelium glaubten, und das Chriftens 
thum unter ihnen, ſo wie einſt in Aſien, Eingang fand. 

Was Dom Calmet's Bemerkungen hinſichtlich unwahrer oder wenig— 
ſtens zweifelhafter Angaben, in Bezug auf dieſe Dinge betrifft, ſo hätte 
ich allerdings Luſt, meinen Leſern hierüber vollſtändige Auskunft zu ge— 
ben; doch da ich ſelbſt mich unter mehreren Indianer-Stämmen aufge 
halten habe, ſo kann ich nur meine Ueberzeugung von der Wahrheit 
dieſer Dinge, und insbeſondere der, von Herrn Pen berichteten, an— 
führen. Und ich habe um ſo mehr Grund, an die, mir nicht nur von 
Schriftſtellern, wie Humboldt, ſondern auch von achtbaren Herren, die 
ich auf meinen Reifen traf, verbürgte Wahrheit obiger Angaben zu glau— 
ben. Herr Dykes, mein gegenwärtiger Reiſegefährte, hat von ſeiner 
Kindheit an in der unmittelbaren Nähe dieſer Stämme gewohnt. Er 
war Offizier in der Armee der Vereinigten Staaten, und hat in mehreren 
Feldzügen gegen ſie gedient, und folglich die beſte Gelegenheit gehabt, 
ſich mit ihren Sitten und Gewohnheiten vertraut zu machen. Sein 
Character iſt, was Achtbarkeit und Wahrheitsliebe betrifft, über allen 
Vorwurf erhaben; ſein Zeugniß lautet dahin, daß die hierin gemachten 
Angaben im Allgemeinen richtig ſeien. Er behauptet, Zeuge ihrer fort— 
während brennenden Feuer, von denen nur einige, in Folge der Anſiede— 
lungen der Weißen, zu erlöſchen begannen, geweſen zu ſein; ihre Opfer, 
Seher und Propheten, ihr Darbringen der Erſtlingsfrüchte, ihre Tänze 
um das noch grüne Korn, ihre Neumondsfeſte und Reinigungs-Ceremo⸗ 
nien geſehen zu haben. Weiter führt er an, daß ſie eine Idee oder 
mündliche Ueberlieferung von der Sündfluth beſitzen, mit dem Unter— 
ſchiede, daß es eine Biſamratte nnd nicht eine Taube war, die Noah 
ausſandte. Es giebt auch Traditionen unter den Menomonies, Sacs, 
Foxes, Oneides, Cheppaway's, Pottawatomies und vielen andern 
Stämmen, daß ſie früher ein, ihnen vom großen Geiſte gegebenes Buch 
beſaßen, und ihnen daſſelbe wieder zu Theil werden wird. Sie erwarten 
eine Zeit, wo Gott ſich wieder gnädig erzeigen, und ſich ihnen, wie vor— 
mals ihren Vätern, offenbaren wird. In einem Geſpräche, welches ich 
mit einem berühmten Indianer-Häuptling Keokuk, bei Gelegenheit einer 
Anbietung des Buches Mormon, hatte, ſagte er zu mir unter Andern: 
„Wir ſind jetzt ſchwach; aber wir werden noch ſtark ſein, der große 
Geiſt hat uns verlaſſen; aber Er wird wiederkehren, unſere Ohren ſind 
nun zu; werden ſich aber bald wieder öffnen und wir werden wieder 
hören, unſere Augen ſind jetzt verſchloſſen; aber der große Geiſt wird ſie 
bald aufmachen und wir werden ſehen und begreifen.“ Der nämliche 
Keokuk iſt ein talentvoller Mann und großer Redner unter den India⸗ 
nern, und war mehrere Male auf dem amerikaniſchen Congreſſe, um die 
Angelegenheiten ſeines Stammes zu vertreten. 

Wir wollen hier unterlaſſen, das Gutachten von Tabari, einem be— 


— 23 — 
rühmten arabiſchen Geſchichtſchreiber, über den uns vorgelegten Gegen⸗ 
ftand, fo wie die Meinungen des Athearn Jones, Verfaſſers der in⸗ 
dianiſchen Volksſagen aus Nordamerika, des Salvator Gily, und des 
gelehrten Humboldt anzuführen. Auch halten wir es nicht für noth⸗ 
wendig, die Bemerkungen des M. C. S. Refinesque, oder die des 
Capitains Del Rio, über die Alterthümer von Vucatan und Chiappa, 
und jene von Palenque in Nordamerika beifolgen zu laſſen. Denn: 
„Die Reiſevorfälle in Mittelamerika,“ ein, von den Herren Stephens und 
Catherwood ſeit mehreren Jahren in England und den Vereinigten 
Staaten erſchienenes Werk, enthält hierüber ſo vollſtändige Aufſchlüſſe, 
daß die frühern Vermuthungen durch ſie gänzlich beſeitigt worden ſind. 
Dieſen Reiſenden verdanken wir die wichtigſten Zeichnungen und Beſchrei⸗ 
bungen alterthümlicher Städte, unermeßlicher Ruinen von großer Sel— 
tenheit, rieſenhafter Säulen und Statuen, koſtbarer Gebäude, reichlich 
mit Bildhauerarbeit ausgeſtatteter Tempel, großartiger Baudenkmäler und 
anderes mehr. Dieſe prächtigen und koloſſalen Ueberreſte bilden das laut 
ſprechende Wahrzeichen, und den unwiderlegbaren Beweis, daß früher 
auch dieſen Welttheil ein großes, gebildetes, mit den Wiſſenſchaften und 
Künſten vertrautes Volk bewohnt, und einen hohen Grad des Fortſchrittes 
in der Civiliſation erreicht habe. Ueber dieſen wichtigen Gegenſtand lieſ— 
ſen ſich Bände ſchreiben; aber da dies nicht mehr Meinungs- oder Ver⸗ 
muthungsſache iſt, fo überlaſſen wir es füglich den Nachforſchungen des 
Leſers. Die Herren Stephens und Catherwood kommen, nach Ber 
ſchreibungen dieſer großartigen Ruinen, und nach vergeblich angeſtellten 
Verſuchen, mittelſt Volksſage oder Hieroglyphenſchrift das Geheimniß 
ihrer Entſtehung zu erforſchen, zu dem Ausrufe: „Wir müſſen es Andern 
überlaffen, den Urſprung fo großartiger Alterthümer aufzufinden.“ Dieſer 
Gegenſtand dürfte für den Forſchergeiſt der Amerikaner von höchſtem 
Intereſſe ſein. Bis hieher iſt er in undurchdringliches Dunkel gehüllt, 
und Jahre mühevoller Anſtrengung möchte es bedürfen, den Schleier der 
Vergangenheit zu lüften. Hätte Herr Stephens das Buch Mormon 
geleſen, ſo wäre ihm das ſo unerforſchbare Geheimniß aufgedeckt worden; 
denn gerade dieſes Buch, obgleich Jahre lang vor ſeinen Forſchungen 
verfaßt, enthält alle wiſſenswerthen Aufſchlüſſe über die beſagten Ruinen. 
Neuere und noch viel auffallendere Entdeckungen von Ruinen des Alter⸗ 
thums, als die von den Herren Stephens und Catherwood beſchrie— 
benen, hat man in ſpätern Zeiten noch an Californien's Meerbuſen gemacht. 
Da dieſe in Europa noch nicht allgemein bekannt ſind, ſo wollen wir 
unſern Leſern einige Einzelnheiten darüber zum Beſten geben. Man hat 
in dieſen Ruinen eine Maſſe von Hieroglyphen entdeckt, die der gelehrte 
Forſcher, dem wir dieſe Entdeckung verdanken, zu entziffern und zu übers 
ſetzen, Hoffnung gewährt. Wenn es ihm gelingt, ſo kann man ſich im 
Voraus einbilden, welches ſtaunenswerthe Ereigniß, das für die religiös 


2 

und wiſſenſchaftlich gebildete Welt fein wird. Alle dieſe Thatſachen beweiſen 
mehr als hinlänglich das frühere Daſein einer oder mehrerer, an Bildung 
und Intelligenz, die gegenwärtigen Ureinwohner von Amerika, weit über— 
ragenden Nationen. Aber woher kamen, woher ſtammten ſie? das ſind 
Räthſel, die noch kein Schriftſteller löſte. Die, von Joſias Prieſt, 
Joſeph Merrie, Oberſt James Smith und noch Andern gelieferten 
Berichte und Erzählungen, laſſen wohl vermuthen, daß dieſe Völker 
Abkömmlinge Iſraels ſeien, aber welches Stammes aus Iſrael? Wie 
und zu welcher Zeit kamen ſie in dieſen Welttheil? Welches iſt die Ge— 
ſchichte ihres Urſprungs, ihrer Fortſchritte und ihres Verfalles? Auf alle 
dieſe Fragen bleiben uns die Schriftſteller die Antwort ſchuldig. 

Wahr iſt's, daß es unter den Indianern ähnliche und mehr Volksſagen 
giebt, über die wir uns hier verbreiten könnten. Aber wozu würde uns 
das führen? Könnten wir auf dieſer Fährte zu endgültigen Entſcheidungen 
gelangen? Fänden wir etwa darin einen Beweis, daß es die 10 verloren 
gegangenen Stämme Iſraels find, oder auch nur ein Theil dieſer Stämme? 
Wie dieſe Aufgabe löſen? Konnten uns je Geſchichtſchreiber, Alterthums— 
forſcher, Theologen und die gelehrteſten Sprachkenner hierüber Aufklärung 
ſchaffen? Nein! die Herren Stephens und Catherwood haben uns 
allerdings von dem Vorhandenſein zahlreicher Städte, rieſenhafter Bild- 
ſäulen und alterthümlicher Baudenkmäler, den traurigen Ueberreſten eines 
unbekannten Volkes, unterrichtet. Dieſe alten Feſtungswerke, ungeheuren 
Gebäude und prachtvollen Ruinen kündigen uns das Daſein eines oder 
mehrerer, mächtiger, gebildeter, intelligenter und in den mechaniſchen Kün— 
ſten und Wiſſenſchaften gewandter Völker an. Das Buch Mormon allein 
giebt uns Aufſchluß über ſie. Wäre das Buch Mormon den Menſchen 
auf andere Weiſe, d. h. mit Ausſchluß der Religion und ohne gött— 
liche Beihülfe zugekommen, ſo wäre es überall mit Enthuſiasmus, als 
eine der größten Entdeckungen des 19ten Jahrhunderts begrüßt werden. 

Die Alterthumsforſcher, Philoſophen, Gelehrten, alle Schriftſteller hätten 
gewetteifert, die Erſcheinung dieſes Buches in den Sonrnalen und Archiven 
der Wiſſenſchaft bis über die Wolken zu erheben. Aber unter der Form 
eines Religionsbuches, und als Geſchichte der Gottesthaten für ein, auf 
jenem Welttheile lebendes Volk, hat es in gar manchen Gemüthern ein Gefühl 
entfchiedener Abneigung hervorgerufen. Und das iſt auch nicht fo ſehr 
zum Erſtaunen, denn die Welt iſt des Betruges jeder Art voll. Nur zu 
oft hat man ſich leider der Religion als eines Vorwandes bedient, um 
die arme Menſchheit zu bethören, betrügen, bedrücken und auszuſaugen. 
Unter dem Deckmantel der Religion entbrannten Zank und Streit, Zwie— 
ſpalt und grauſame Kriege. Die Ehrbaren und Tugendhaften wurden 
häufig zu Schlachtopfern der Heuchler und Ränkeſchmiede, woraus ſich die 
tiefe, in unſern Tagen für religiöſe Dinge ſich zeigende Verachtung, und 
der ausgeſprochene Ekel vor denſelben erklären laſſen. Aber wenn gewiſſe 


1 

Leute, die Religion als Handwerk und Waare benutzen, iſt das, frage ich, 
genügender Grund, um die Wahrheiten der Religion planmäßig zu ver— 
werfen? Man entkleide nur die Religion alles eitlen Gaukelſpieles, und 
entäußere ſie alles lächerlichen Aberglaubens. Man ſtelle Gott dem Volke 
als den Vater aller Menſchen, als gut, wohlwollend, gerecht, voller 
Liebe und Barmherzigkeit dar, und ſchildere ihn nicht als ein bewußt— 
loſes, grauſames, ſchreckliches und blutdürſtiges Weſen. Man lehre dem 
Volke die Religion unſers Herrn Jeſu Chriſti in ihrer erhabenen Ein— 
falt, in der Fülle ihrer Segnungen, ihrer Macht und Herrlichkeit kennen. 
Man enthülle ihm das Chriſtenthum in ſeinen wahren Grundzügen, der 
Bruderliebe, Güte, Erbarmung und Allſeitigkeit. Man zeige dem Men— 
ſchen ſeine wahre Stellung und ſein Verhältniß zu Gott, als das eines 
Sohnes zu ſeinem Vater, und ſein Sinn wird ſich zu Gott erheben. Wer 
ſchuf das Weltall und den Menſchen? Wenn Gott ſie ſchuf, warum will 
man ihm die Leitung menſchlicher Angelegenheiten abſprechen, warum ſein 
Wort, ſein Geſetz, ſeine Abſichten und ſeine Welt-Regierung verkennen? 
Noch eine Frage: ſoll Gott, der ſich einem Theile der Menſchheit offen— 
baret hat, einem andern Theile derſelben nicht auch dieſe Gunſt haben 
erweiſen können? Er, der ſich dem Volke auf dem Feſtlande Aſien's 
ſichtbar zeigte, ſollte den Bewohnern Amerika's keine Spuren ſeiner Gegen— 
wart auf Erden hinterlaſſen haben? Paulus, der Apoſtel ſagt: „Gott 
ſchuf aus einem Blut alle Völker der Welt, und gab ihnen den Erdkreis 
zur Wohnung, damit ſie Gott ſuchten, ob ſie doch ihn fühlen und finden 
möchten. Und zwar iſt er nicht ferne von einem jeglichen unter uns.“ 
Apoſtelgeſch. 17, 26. 27. Wenn Paulus die Wahrheit ſagte, und 
Amerika's Völker Gott ſuchen mußten, um Ihn zu finden; wäre es ver— 
nünftig, anzunehmen, ſo viele tauſend Millionen, die doch augenſcheinlich 
dieſen Continent bewohnt haben, ſeien in völliger Unwiſſenheit Gottes 
verblieben; nachdem, wie wir ſagten, ihre Städte, Bildhauerarbeiten, 
Baukunſt und Hieroglyphenſchrift die ſprechendſten Beweiſe liefern, daß fie 
ein hochgebildetes, denkendes und aufgeklärtes Volk waren. Es iſt eben 
ſo ſelbſtverſtändlich ihnen Gotteserkenntniß zuzuſchreiben, als zu glauben, 
daß Europa's und Aſien's Bewohner den Herrn gekannt haben. Obgleich 
das Buch Mormon ſchon fünf oder ſechs große Auflagen in engliſcher 
Sprache erlebt hat, ſo giebt es auf der Welt wohl ſchwerlich ein Buch, 
das mit Ausnahme der Mitglieder unſrer Kirche, von allen übrigen Men— 
ſchen ſchlechter aufgenommen und weniger verſtanden wird, als dieſes 
Werk. England und Amerika ſind von einer Menge Gegenſchriften über— 
ſchwemmt, wovon einige ſogar in Frankreich Eingang fanden. Einer— 
ſeits wurde es als das abgeſchmackteſte und lächerlichſte Geiſteserzeugniß 
geſchmäht, andererſeits wieder als das geiſtvollſte Werk, das je verfaßt 
wurde, angeprieſen. 

Die Einen machten ihm ſeine vollſtändige Uebereinſtimmung mit der 


Bibel zum Vorwurfe, die Andern fällten ein Verdammungs-Urtheil aus 
dem Grunde, ſeines der Bibel gegentheiligen Inhaltes. Von Einigen 
wurde es als unſittlich verdächtiget, während Andere bezeugten, daß es 
Grundſätze von außerordentlicher Reinheit und Anziehungskraft für das 
Herz beſitze. Man ſagte dem Buche nach, es ſei ein Roman, oder eine 
neue Bibel, beſtimmt die Alte zu erſetzen. Einige Schriftſteller haben 
nachgewieſen, daß dies Buch in ſeinem Inhalte, Style und ſeiner 
Sprache uralt ſei, und das Gepräge des Alterthums an ſich trage; wäh— 
rend Andere, alle Kennzüge einer neuen Geiſtesproduktion darin zu finden 
glaubten. Man ſchrieb, es fänden ſich in demſelben keine klaren und 
beſtimmten Weiſſagungen über die Zukunft, während andere Schriftſteller 
ſich auf die darin enthaltenen Vorausſagungen als wahrhaft beriefen, 
und von der herannahenden Erfüllung gewiſſer Thatſachen als ſelbſtver— 
ſtändlich ſprachen. Inmitten dieſes Gewirres widerſprechender Meinungen 
haben Hunderttauſende von Perſonen daran geglaubt, und mit Freuden 
die wichtigen Wahrheiten aufgenommen, die es offenbaret. Das Buch 
Mormon enthält die Geſchichte der Ureinwohner von Amerika, und 
handelt von einem Volke, welches zur Zeit der Sprachenverwirrung 
Babylon verließ. Dieſer Volkshaufe durchfuhr den Ocean auf acht 
Schiffen, und wurde in der Folge eine mächtige Nation. Sie bewohnte 
Amerika während eines Zeitraumes von ungefähr 1500 Jahren, und ging 
durch ihre Sünden und Laſter zu Grunde; 600 Jahre vor Chriſti 
Geburt. Ein Prophet, Namens Other, verzeichnete die Geſchichte ihres 
Aufblühens, Verfalles und ihrer Vernichtung. Ein anderer Volksſchwarm, 
welcher Jeruſalem 600 Jahre vor Chriſti Geburt verließ, wurde von 
dem Herrn in das Feſtland von Amerika geleitet. Dieſes waren die 
Abkömmlinge Joſeph's, des Sohnes Jakob's. Kurze Zeit nach ihrer 
Ankunft theilten ſie ſich in zwei verſchiedene Völker, wovon das eine 
den Namen der Nephiten, das andere den der Lamaniten trug. 
Die Lamaniten, außerordentlich ſchlecht und verderbt, verfielen anfangs 
dem Fluche Gottes, und dann der Finſterniß der über ſie hereinbre— 
chenden Barbarei, und ihre natürliche Farbe veränderte ſich zu einem 
ſchmutzigen Roth. Die gegenwärtigen Indianer, oder Rothhäute, find 
ihre elenden Ueberbleibſel. Die Nephiten waren ein gebildetes und 
vom Herrn hochbegünſtigtes Volk. Sie hatten Engelerſcheinungen, 
Traumgeſichte und die Gabe der Weiſſagung unter ſich, von einem Men— 
ſchenalter bis zum andern. Jeſus Chriſtus zeigte ſich ihnen nach 
ſeiner Auferſtehung, Ev. Joh. 10, 16, und ſie erhielten aus ſeinem Munde 
die Lehre des Evangeliums, ſo wie daſſelbe auf dem aſiatiſchen Feſtlande 
geprediget worden war. Dieſe Lehre war auch bei den Nephiten mit 
denſelben Wundergaben, Segnungen, Offenbarungen und mit gleicher 
Kraftfülle begleitet. Aber vom Aten Jahrhundert an hatten die Laſter 
unter ihnen ſolche Verwüſtung angerichtet, daß ſie gänzlich verderbt und 


u.) 

jpäter von den Lamaniten gänzlich ausgerottet wurden. Mormon, 
ein Sprößling der Nephiten, und Prophet Gottes erhielt von Ihm 
den Auftrag einen Abriß ihrer nationalen Jahrbücher, die die Geſchichte 
ihrer Vorfahren, ſo wie zahlreiche Weiſſagungen, und das auf dem 
amerikaniſchen Feſtlande geoffenbarte Evangelium enthalten ſollte, zu 
ſchreiben. Dieſe Jahrbücher wurden zufolge beſondern göttlichen Auf— 
trages von Moroni, dem Sohn Mormon's auf goldene Platten ein: 
gegraben, und in einem ſteinernen Behälter verwahrt. Sie blieben ver— 
ſiegelt und verborgen im Schooße der Erde, vom Jahre 420 bis auf den 
22. September 1827, wo Joſeph Smith, von einem Engel des Herrn 
geleitet, ſie auffand. Dieſe Jahrbücher von ihm überſetzt, tragen nun 
den Namen des Buches Mormon. 

Nachdem wir uns bereits mehrere Male auf die Berichte verſchiedener 
Reiſenden in Amerika, welche uns die Ruinen, Sitten und Gebräuche 
dieſes Volkes ſchilderten, und auf ihre Vorausſetzungen, daß die gegen— 
wärtig lebenden Indianer Abkömmlinge der 10 verlornen Stämme 
Iſrael's ſeien, berufen haben; ſchreiten wir zum Beweiſe, daß die heilige 
Schrift wirklich eines ſolchen Volkes und Landes erwähnt; deſſelben 
Volkes, worüber das Buch Mormon handelt, ſelbes nicht als die ver— 
lornen Stämme wie die Schriftſteller, ſondern als Sprößlinge Joſeph's, 
des Sohnes Jakob, anführend. Und die heilige Schrift macht nicht nur 
Erwähnung dieſes Volkes, ſondern fügt hinzu, daß es Jahrbücher haben 
ſoll, daß dieſe Jahrbücher einſt der Bibel zum Anhange dienen ſollen, um 
ihr Zeugniß zu bekräftigen, und daß ſie den Menſchen in den letzten 
Tagen zu Händen kommen würden, zur Erfüllung der Abſichten Gottes. 
Wir wollen mit dem prophetiſchen Segen beginnen, den Jakob vor 
ſeinem Tode den zwei Söhnen Joſeph's, Ephraim und Manaſſe, 
gab, 1. B. Moſ. 48. Unter andern Dingen ſagt Jakob: „Laßt ſie werden 
ein großes Volk inmitten der Erde.“ 16ter Vers. Im nämlichen Segens— 
ſpruche ſagt er zum Ephraim: „Und ſeine Nachkommenſchaft wird in 
einer Menge Nationen beſtehen.“ 19ter Vers. Vielleicht frägt man ſich 
hier nicht umſonſt: Wer waren Ephraim und Manaſſe? Die Ant— 
wort lautet: „Die Söhne Joſeph's.“ Nun was finden wir, wenn 
wir dieſe zwei Stellen derſelben Weiſſagung vergleichen? Daß die Nach— 
kommenſchaft Joſeph's zu einer großen Nation ſich ausdehnen wird, in 
Mitte der Erde. Hat ſich dies je in Paläſtina oder Canaan bewahr— 
heitet? Nein. Joſeph's Nachkommenſchaft iſt auf dem aſiatiſchen Feſt— 
lande nie zu einer Nation geworden. Es gab nie mehr als zwei iſraeli— 
tiſche Nationen im Lande Canaan; eine davon war Juda, und die 
andere die 10 Stämme, deren in der heiligen Schrift unter dem Namen 
Iſrael und Juda Erwähnung geſchieht. 

Ephraim und Manaſſe waren zwei Stämme und bildeten einen 
Beſtandtheil der iſraelitiſchen Nation; waren aber nie eine eigne und für 


— 28 — 


ſich beſtehende Nation. Doch die heilige Schrift ſagt ausdrücklich, daß 
aus ihnen ſollten hervorgehen eine Menge Nationen. Nun giebt es nir— 
gends in der alten Welt, weder in Europa, noch in Aſien oder Afrika 
dergleichen; nur in Amerika findet man eine Menge Völker, die nach dem 
Urtheile zahlreicher Schriftſteller, jüdiſcher Abkunft ſind. Bemerken wir, 
daß dieſe Nationen mitten auf der Erde wohnen ſollten. Um einen geo— 
graphiſchen Ausdruck zu gebrauchen, iſt kein Theil der Erde mehr in der 
Mitte unſeres Planeten, als ein anderer; aber der Ausdruck, mitten, muß 
doch ſeine Bedeutung haben. Europa, Aſien und Afrika waren zu dieſer 
Zeit alle bekannt; nur Amerika war noch unbekannt, Amerika, wo ſich 
in unſern Tagen wirklich eine Menge Nationen im Mittelpunkte der be— 
kannten Erde befinden, indem die Entfernung von Europa nach Amerika, 
und von Aſien nach Amerika beinahe die gleiche iſt. Ferner ſagt Jakob, 
die zwölf Stämme Iſrael's ſegnend, 1. B. Moſ. 49, 22. Joſeph iſt ein 
fruchtbarer Aſt, ein fruchttragender Baum neben einer Quelle, deſſen 
Zweige die Mauer überragen, oder ihre natürlichen Grenzen überſtiegen 
haben. Indem er über die Ausdehnung und Vergrößerung dieſes Stam— 
mes weiſſagt, fügt er im 26ſten Vers hinzu: „Die Segnungen, welche euch 
euer Vater ertheilt, erſtrecken ſich weiter als jene, die er von ſeinen Vätern 
erhielt, ja bis zu den äußerſten Enden der ewigen Hügel; dieſe Segens— 
Sprüche ſollen fallen auf das Haupt Joſeph's, auf das Haupt desje— 
nigen, der von ſeinen Brüdern getrennt war.“ Wer waren Jakob's 
Väter? Die Antwort lautet, Iſaak und Abra ham. Welches war das 
ihnen geſchenkte Land? Canaan und kein anderes. Aber Joſeph ſollte 
ein größeres Erbe erhalten, das er im Lande Canagan nicht beanſpruchen 
und ihm dort auch nicht zu Theil werden konnte; denn der Stamm Jo— 
ſeph's beſaß nur den ſechsten Theil des Landes Canaan, hat aber dies 
ſein Erbtheil in Amerika in Beſitz genommen. Nebenher wollen wir be— 
merken, daß dieſe Beſitzungen ſich bis zum Saume der ewigen Hügel aus— 
dehnen ſollten. Nun ſtelle ſich jemand an den Ort, wo dieſe Prophe— 
zeiung ausgeſprochen wurde, und beſchaue ſorgfältig eine Weltkarte oder 
Globus, und er wird finden, daß Amerika die Erde, und zwar das ein— 
zige bewohnbare Erdreich der Gegenfüßler dieſes Ortes iſt. Hiemit iſt uns 
vollſtändige Aufklärung über zwei Dinge gewährt, die auf keinem andern 
Wege erklärt werden können; das eine iſt, daß Joſeph der Stamm— 
Vater eines großen Volkes in Mitte der Erde werden ſollte; das andere, 
daß ſie ein größeres Land beſitzen ſollten, als das, dem Abraham 
gegebene. Weder das Eine noch das Andere iſt an irgend einem Orte 
in Erfüllung gegangen; in Amerika war dies mit beiden Verheißungen 
der Fall. Wir leſen im 4. B. Moſ. 25, 13, daß Moſes als er die zwölf 
Stämme Iſrael's ſegnete, in Bezug auf Joſeph dieſe Worte ſprach: 
„Sein Land ſei geſegnet vom Ewigen mit den auserleſenſten Gaben des 
Himmels, des Thaues und der Tiefe, und mit den köſtlichſten Dingen, 


Ze 

die die Sonne hervorbringt, und was es Herrliches unter dem Monde 
giebt, mit den Schätzen der alten Berge, und den koſtbarſten Erzeugniſſen 
der ewigen Hügel, mit den köſtlichſten Früchten der Erde und ihrem Ueber— 
fluſſe. Die Gnade des, der im Dorn-Buſche erſchien, komme auf das 
Haupt Joſeph's, und auf den Scheitel deſſen, der getrennt war von 
ſeinen Brüdern.“ Hier iſt ein von der heiligen Schrift beſonders bezeich— 
netes, an jeder Art von Natur-Produkten geſegnetes, an Mineralien und 
Fiſchen reiches, alle Lebensbedürfniſſe im Ueberfluß erzeugendes Land. 
Nun würde aber eine ſolche Beſchreibung keineswegs auf den, von den 
Stämmen Ephraim und Manaſſe im Lande Canaan bewohnten Ge— 
bietsantheil paſſen. In Amerika aber findet man ein großes Feſtland, 
welches ſich vom Süd- bis zum Nordpol erſtreckt, jede mögliche Abwechs— 
lung von Land- und Himmelsſtrichen umfaßt; den Menſchen alle, zu 
ihrem Unterhalte nöthigen Lebensbedürfniſſe, oder zum Luxus gehörigen 
Erzeugniſſe verſchafft. Von äußerſt fiſchreichen Meeren beſpült, hat dieſer 
Welttheil Ueberfluß an unermeßlichen Flüſſen und von Fiſchen aller Art 
wimmelnden Strömen; ſeine Gebirge bergen einen unerſchöpflichen Me— 
tallreichthum, die koſtbarſten Erzeugniſſe der ewigen Hügel. 

Bis jetzt haben Mexiko und Peru beinahe der ganzen Welt nur die 
köſtlichſten Metalle geliefert, und in unſern Tagen enthüllen uns die 
Gruben Californien's ihre goldnen Schätze. Das iſt nun ein Land, wel— 
ches vollkommen der Beſchreibung des, dem Joſeph verſprochenen gleicht. 
Hoſeas in ſeiner Prophezeiung über Ephraim ſagt: „Bei der Donner— 
ſtimme des Herrn werden die Kinder Ephraim's, welche im Weſten 
wohnen, erzittern.“ An einer andern Stelle ſagt die heilige Schrift über 
die letzten Tage folgendes. Der Herr wird brüllen wie ein Löwe aus Zion, 
und ſeine Stimme mächtig ertönen laſſen aus Jeruſalem. Stellt euch einmal in 
Jeruſalem, mit dem Geſichte nach Weſten gekehrt, und ſeht, ob ihr nicht ſo 
unfehlbar nach Amerika kommen werdet. Die Frage iſt nun, wer war 
Ephraim? Der Sohn Joſeph's. Wem wurde die Verheißung dieſes Lan— 
des zugeſichert? Die Antwort lautet: Dem Stamme Joſeph's. Indem wir 
das Vorliegende auseinanderſetzen, finden wir in der heiligen Schrift den 
klaren Beweis, daß Jo ſeph's Stamm, ein am äußerſten Saume der 
ewigen Hügel gelegenes, im Weſten von Jeruſalem, mit Früchten und 
koſtbaren Metallen bis zum Ueberfluſſe geſegnetes Land zum Erbtheil 
erhalten, und dort zu einer großen Nation werden ſollte. Nun wiſſen 
wir, daß die Völker und Naturerzeugniſſe Amerika's, genau dieſer Be— 
ſchreibung entſprechen, und daß ſolche Nationen in keinem andern Welt— 
theile anzutreffen ſind. Noch mehr, wir treffen, nach dem Zeugniſſe 
mehrerer Schriftſteller, denen dies Buch unbekannt war, dort Völker an, 
die nichts anders als die Abkömmlinge Iſraels find. Zu allen dieſen 
vorgängigen Beweiſen liefert uns das, von einem jungen und nichts weni— 
ger als gelehrten Bewohner der Einöden Amerika's geſchriebene oder viel— 


Sa 
mehr überſetzte Buch Mormon, welches die Gefchichte dieſes Volkes, und 
die Beſchreibungen einer von den Reiſenden entdeckten Städte enthält, 
den größten. — Nun wollen wir die Frage, die den Gegenſtand unſeres 
Intereſſes bildet, von einer andern Seite betrachten, und nachweiſen, daß 
Joſeph's Stamm, Gottes Wort beſitzen mußte. Wir halten es für be⸗ 
reits erwieſen, daß das ihnen verheiſſene Land auf dem amerikaniſchen 
Continente war. Dieſes iſt nun ihre Heimath. Was wir ergründen 
wollen iſt, ob ſie das Wort Gottes hatten. Hier kommt uns der Pro⸗ 
phet Hoſeas mit ſeinem Zeugniſſe zu Hülfe; von Ephraim redend ge— 
braucht er dieſe Worte, §tes Cap. 12ter Vers: „Wenn ich ihm gleich viel 
von meinem Geſetz ſchreibe, ſo wird es geachtet wie eine fremde Lehre;“ 
wir fragen hiebei: Wer iſt Ephraim? Die Antwort iſt: Der Sohn 
Joſeph's. Dieſe Stelle bedarf keines Kommentars. Hier haben wir 
eine unbeſtreitbare Autorität zu Gunſten unſerer Behauptung; es iſt aus⸗ 
drücklich geſagt, ich habe ihm vieles geſchrieben über mein Geſetz. Nicht 
nur ſind dieſe neuen heiligen Schriften oder Jahrbücher klar angedeutet, 
ſondern auch ihre Erſcheinung iſt in der Bibel förmlich vorausgeſagt; in 
Bezug auf ſie ſpricht Heſekiel Cap. 37, Vers 16: „Du Menſchenkind 
nimm dir eine Rolle, und ſchreibe darauf, für Juda und ſeine Gefährten 
die Kinder Iſraels; und nimm noch eine Rolle für Joſeph und ſchreibe 
darauf: die Rolle Ephraim's und des ganzen Hauſes Iſrael's, feiner 
Gefährten; und füge eine zur andern, ſo daß es zu Einer Rolle werde an 
deiner Hand. So nun die Kinder deines Volks zu dir ſagen und ſpre— 
chen werden: „Willſt du uns nicht zeigen, was du damit meineſt?“ 
Dann ſprich zu ihnen: „So ſpricht der Herr, der von Ewigkeit iſt, ſiehe 
ich will die Rolle Joſeph's, welche in Ephraim's Händen iſt, neh— 
men ſammt feinen Gefährten, den Stämmen in Sfrael, und will fie zu der 
Rolle Judas thun, und Eine Rolle daraus machen, und ſollen Eins 
ſein ) 

Hier ſind nun zwei Rollen oder klar bezeichnete Jahrbücher, welche 
geſchrieben werden ſollten. Eine dieſer Rollen heißt: die Rolle Joſeph's 
in der Hand Ephraim's; die andere, die Rolle Juda's. Welche von 
dieſen zweien enthält die Geſchichte des Stammes Juda? Offenbar die 
Bibel. Iſt aber die Geſchichte des Stammes Joſeph auch darin ent— 
halten? Keineswegs; denn derſelbe war in allen ſeinen nationalen Be— 
ziehungen mit den zehn Stämmen Iſraels ganz beſonders verbunden. 
Dieſe zehn Stämme aber wurden von Salmanaſſer, dem Könige von 
Aſſyrien, gefangen hinweggeführt; ungefähr 600 Jahre vor Chriſto, und 
von dieſer Zeitperiode an verſtummt die heilige Schrift über ihr ferneres 


*) Jeder Geſchichtskundige weiß, daß die jüdiſchen Schriften auf Hölzern oder Rollſtöcken 
aufbewahrt wurden. Daher leitet ſich die Rolle, oder der Stab Heſekiel. Es giebt 
noch in unſern Tagen Originalabſchriften, der jüdiſchen Geſchichtsbücher, welche dieſe 
Angabe bekräftigen. 


Er 
Schickſal; weder ihre Geſchichte, noch ihre Lage, ſelbſt ihr Name wird 
nicht weiter darin erwähnt. Mit Juda verhält es ſich anders; das alte 
Teſtament enthält ihre Jahrbücher und ihre Prophezeiungen, und giebt 
uns einen Abriß ihrer Religions-Geſchichte, bis auf Chriſti Zeit. Chri— 
ſtus iſt zu den Juden gekommen. Die Bibel, und beſonders ihr letzter 
Theil, iſt thatſächlich die Geſchichte von Juda. Ihren Inhalt bilden 
die Jahrbücher dieſes Stammes; aber nun haben wir noch die Rolle 
Joſeph's! Was iſt nun dieſe Rolle oder Buch Joſeph's? Nichts 
anderes als das Buch Mormon. Der Prophet Heſekiel erhielt den 
Auftrag, ſie zuſammenzufaſſen, ſo daß ſie eins würden in ſeiner Hand, 
ein Zeugniß, eine Lehre, ein Beweis, zu enthüllen Gottes Abſichten auf 
der Erde. Wir erfahren durch die angeführte Schriftſtelle, daß dem 
Stamme Joſeph's oder Ephraim's, das Wort des Herrn zu Theil wer— 
den ſollte, und wiſſen, daß dieſes Wort, Geſetz- oder Jahrbücher, dem 
Buche Juda's oder der Bibel einverleibt werden ſollten. Nachdem 
werden wir in Kürze erforſchen, welches der Zweck der Erſcheinung dieſer 
Geſchichtsbücher geweſen; oder in andern Worten, was der Wille des 
Herrn bei der Entdeckung des Buches Mormon gegen die Menſchen war. 
Zuvor wollen wir noch zwei oder drei andere Stellen der heiligen Schrift 
anführen; im Söften Pſalm, 11 — 12ten Vers ſagt David: „daß 
Barmherzigkeit und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede 
ſich küſſen, daß Treue auf der Erde wachſe, und Gerechtigkeit vom Him— 
mel ſchaue.“ 

Was iſt Wahrheit? Laſſen wir David mit unſerer Seele antworten, 
er ſpricht, Pſalm 119, 142: „Dein Geſetz iſt Wahrheit,“ und Vers 
151: „Alle deine Gebote ſind Wahrheit.!“ Und Jeſus ſagt: „Heilige 
ſie durch die Wahrheit; dein Wort iſt Wahrheit.“ 

Wir treffen im Jeſaias auf eine Stelle, wo er eines Buches erwähnt, 
ſagend, Cap. 29, 18: „Denn zu derſelben Zeit werden die Tauben 
hören die Worte des Buches, und die Augen der Blinden werden aus 
dem Dunkel und der Finſterniß ſehen, und die Elenden werden wieder Freude 
haben am Herrn, und die Armen unter den Menſchen werden fröhlich 
ſein in den Heiligen Iſraels.“ Wir wollen nicht ſagen, daß in dieſer 
Stelle ein beſonders triftiger Beweis enthalten ſei; aber mit andern hier 
angeführten Schriftſtellen verglichen, welche die Erſcheinung des Buches 
Mormon anzudeuten ſcheinen, fällt uns doch deren ſchlagendes Zuſam— 
mentreffen auf. Ein wichtiges, großartiges Werk knüpft ſich an die Erſchei— 
nung dieſes Buches. Ein neuer Bund fol geſchloſſen, Iſrael wieder in 
ſein eigenes Land eingeſetzt werden. Der Prophet Jeremias ſagt, in— 
dem er von der einſtigen Rückkehr Iſraels und Juda's ſpricht: „Ich 
werde ihnen die Fülle der Wahrheit und des Friedens offenbaren.!“ Um 
auf den oben angeführten Pſalm zurückzukommen, ſo hören wir den 
Ausruf David's: „Herr, du biſt gnädig geweſen der Erde, du haſt 


Jakob aus feiner Gefangenſchaft befreit, deinem Volke fein Unrecht 
nachgeſehen, und ihm alle ſeine Sünden vergeben.“ Dieſe Stelle bezieht 
ſich auf die Epoche, wo die Wahrheit wird ausgehen von der Erde, und 
deutet zugleich auf die Wiederkunft Chriſti: „wenn die Gerechtigkeit vor 
ihm wird hergehen, und uns in ſeine Schritte leiten.“ Sie iſt ebenfalls 
im Einklang mit der bereits angeführten Weiſſagung des Jeſaias 29, 
wo man lieſt: „Dann wird Jacob nicht mehr beſchämt daſtehen, und 
ſein Geſicht nicht mehr erblaſſen. Sie werden meinen Namen heiligen, 
den Heiligen Jakob's in Ehren halten, und den Gott Iſraels fürch— 
ten; und diejenigen, deren Geiſt verirrt war, werden zur Einſicht gelan— 
gen, und die, welche ſtammelten, ſollen lernen die Wahrheit reden.“ 
In Heſekiels Weiſſagung, Cap. 37, wird die Wiederherſtellung des 
Hauſes Iſrael, durch die Verbindung der zwei Jahrbücher oder Ge— 
ſchichten, mit bewundernswerther Gewißheit vorausgeſagt. Man lieſt 
daſelbſt: „Melde ihnen, alſo ſpricht der Herr: Siehe ich will die Rolle 
Joſeph's nehmen, die in Ephraim's Hand iſt, ſammt ihrer Gefährten 
der Stämme Iſraels, und will fie zu der Rolle Juda thun, und Eine 
Rolle daraus machen, und ſollen Eins ſein in meiner Hand. Und ſollſt 
die Rollen, worauf du geſchrieben haſt, in deiner Hand halten, in ihrer 
Gegenwart. Und ſollſt zu ihnen ſagen: „So ſpricht der Herr, der von 
Ewigkeit iſt: „Ich will die Kinder Iſraels holen von den Heiden, wo— 
hin ſie gezogen ſind, und will ſie allenthalben ſammeln, und will ſie 
wieder in ihr Land bringen. Und will nunmehr ein Volk aus ihnen 
machen, im Lande, auf den Bergen Iſraels, und ſollen fie alle einen 
König haben, und werden nicht mehr in zwei Völker, noch in zwei Kö— 
nigreiche getheilt ſein.“ Aus allem Vorhergehenden ziehen wir den Schluß, 
daß zur Zeit der Erſcheinung dieſes Buches, ein großes Werk auf Erden 
begonnen und vollführt werden ſoll, daß der Herr die Fülle des Friedens 
und der Wahrheit an den Tag bringen, neue Offenbarung erlaſſen, den 
Irrthum aufklären, und das Haus Iſrael in ſein eigenes Land wieder 
einſetzen, und ſich ein Volk für die zweite Erſcheinung des Meſſias 
bereiten will. 

Wir könnten uns weiter über dieſen Gegenſtand verbreiten, laſſen aber 
gegenwärtig die Frage, mit dem Vorbehalte, ſpäter neue Beweiſe aufzu⸗ 
bringen, dahingeſtellt ſein. Bemerken wir, ehe wir vollenden, daß die 
Lage dieſer Völker auf dem Feſtlande Amerika's, das Zeugniß zahlreicher 
Schriftſteller über ihre Sitten und Gebräuche, die bibliſchen Weiſſagungen 
bezüglich auf ihr Land und ihre Geſchichte, die Erſcheinung derſelben 
und ihr Zweck, ſicherlich eben ſo ſtarke als vernunftgemäße und überzeu— 
gende Beweiſe ſind, als irgend ein anderer Umſtand, der zu unſerer 
Kenntniß gekommen iſt. 


John Taylor. 


ne 


Eine kurze Beschreibung des grossen Salz⸗Dee⸗Thales. 


Da es vielleicht für unſere Leſer von Intereſſe ſein mag, etwas von unſrer 
Anſiedlung im großen Salz-See⸗Thale zu erfahren, fo entnehmen wir fol— 
genden Bericht dem Briefe eines Reiſenden aus der „New- Vork Tribune.“ 

Selbſt das große Salz⸗See-Thal würde wahrſcheinlicher Weiſe noch 
Jahre lang eine Wüſte geblieben ſein, wären die Mormonen nicht durch 
Verfolgung gezwungen worden, im katholiſchen Mexiko jene Freiheit des 
Gewiſſens zu ſuchen, die ihnen ihr eignes Land verweigerte. Doch war 
dieſe Verfolgung, wie jene, welche die Pilger Väter zur Gründung Neu— 
englands veranlaßte; durch den Lauf der Ereigniſſe beſtimmt, eine große 
Wohlthat zu werden. Für ſie, die lange Zeit die Schwere des Jochs 
gefühlt hatten, war die Freiheit mehr als ein bloßes Wort, und während 
ſie ihren, in der Entſtehung begriffenen Staat aufbauten, war es ihre erſte 
Sorge, Allen denen, welche unter ihnen wohnen würden, die vollkom— 
menſte Perſonen- und Gewiſſensfreiheit zu gewähren. Und im Glauben, 
daß diejenigen, welche auf der Welt geboren werden, das Recht haben, in 
der Welt zu leben; geben ſie Jedermann ſo viel Erdreich, als er bebauen 
kann, ihm nichts weiter auferlegend, als die Koſten der Erdmeſſung, Ein— 
regiſtrirung und ſonſt, zur Verhinderung des Betruges, nöthiger Vorkeh— 
rungen. Ich glaube nicht, daß Jemand, der je Zeuge ihrer brüderlichen 
Eintracht, Mäßigkeit, Menſchenfreundlichkeit und Gewerbfleißes war, oder 
ihre Gaſtfreundſchaft genoß, ſich wegen ihrer Religionsbegriffe, ſo ſeltſam 
und widerſinnig ſie ihm auch vorkommen mögen, mit ihnen ſtreiten werde. 

Ich verſichere Sie, daß es ein wahrhaft zauberiſcher Anblick iſt, nachdem 
man 1200 engliſche (etwa 300 deutſche) Meilen über Wüſten und Berge 
wanderte, dieſes reizende, mit der mannigfaltigſten Abwechſelung von Ge— 
birgen und Seen, ausgeſtattete und ringsum mit weißen Land- und Wohn— 
häuſern, Gärten und Feldern geſchmückte Thal, dieſer kühnen Landbauer, 
zum Erſtenmal zu Geſicht zu bekommen. Sie ſind erſt drei Jahre dort, 
und haben in dieſer kurzen Zeit gute Pachthöfe, Häuſer, Scheunen und 
Mühlen aller Art, Brücken, Schulen, auch ein Rathhaus gebaut, und den 
Plan zu einer Hochſchule entworfen. Und in Wahrheit, ſie haben mehr 
für den wahren Wohlſtand ihres Staates gewirkt, als irgend einer der 
erſten dreizehn Staaten der Union, 

Die gegenwärtige Bevölkerung von Deseret wird auf 30,000 Seelen 
geſchätzt; die Einwanderung dieſes Jahres, wird ihre Zahl auf 40,000 
vermehren. Ich glaube ſogar, daß ſich die Einwohnerzahl in geometri— 
ſchem Verhältniſſe ſteigern wird; indem die Mormonen, behufs der Un— 
terſtützung armer Einwanderer, aus Europa ſowohl als Amerika, eine Kaſſe 
mit bedeutenden Fonds geſtiftet haben. Letztes Jahr verwendeten ſie zu 
dieſem Zwecke 6000 Dollar's, dieſes Jahr wurde letzte Summe auf 


500,000 Dollar's vermehrt.“) Dieſe Summen find als freiwillige Bei⸗ 
träge zufammengebracht worden, und in die Hände von Verwaltern, welche 
fie zu 7 pCt. ausleihen, gelegt, um damit die Einwanderer im Ankaufe von 
Vieh und dem nöthigen Reiſegeräthe zur Paſſirung der Savannen zu un⸗ 
terſtützen. Das ſo eingehandelte Vieh wird dann hier, als genügende Ent⸗ 
ſchädigung für Kapital und Intereſſe, verkauft. Dabei gewinnen beide Bars 
teien, und der urſprüngliche Werth dieſes Landgebietes mehrt ſich beſtändig. 
Die Getreide-Ernte beläuft ſich dieſes Jahr auf 500,000 bis 1,000,000 Schef⸗ 
fel. Das Klima und der Boden ſcheinen beide zur Kornerzeugung vorzüglich 
geeignet zu ſein; es giebt keine Kornwürmer, keine Schmeißfliegen, keinen 
Brand im Getreide, welches auch im Winter nicht verdirbt. Nur der Mehl- 
thau richtet zuweilen Schaden an. Der Morgen Landes erzeugt durchſchnitt⸗ 
lich fünfzig Scheffel Korn. Der türkiſche Weizen iſt nicht ſehr ergiebig; man 
baut ihn nur wenig. Die andern Getreidearten gerathen wohl, auch alle 
Heerden finden ihr Gedeihen, und brauchen im Winter nur wenig Unterhalt. 
Aber ich wollte ihnen ja eine genauere Beſchreibung der Stadt und des Thales 
liefern. Die erſte liegt am Fuße des Gebirges und iſt mit friſchem Waſſer 
verſehen, mittelft zweier Bergſtröme, welche ſich in unzählige kleine Bäche ver- 
theilen, und ſo allen Häuſern und Gärten der Stadt den nöthigen Waſſerbedarf 
liefern. Selbe ift gegenwärtig 7 engliſche (nicht ganz 2 deutſche) Meilen lang, 
und 2 Meilen (etwa 1 Stunde) breit; iſt in regelmäßige Vierecke eingetheilt, 
und jedes Stück Land iſt groß genug um Gebäude und einen Garten darauf 
einzurichten. Die Häuſer ſind größtentheils aus Adobien, d. h. von der Sonne 
gebrannten Ziegelſteinen, gebaut. Durchſchnittlich ſind ſie klein, aber man 
iſt im Begriff, große Bauten zu unternehmen, welche dieſen Sommer ihrer 
Vollendung nahen. Unter den öffentlichen Gebäuden ſind die vorzüglichſten: 
Das Regierungsgebäude, Rathhaus, die Poſt und das Gymnaſium, welches 
dieſen Winter noch eine andere Schule als Zweiganſtalt der Univerſität 
erhalten. Der große Platz, zur Erbauung des Tempels beſtimmt, ſteht noch 
leer. Indeſſen halten die Mormonen ihre größern Verſammlungen in einem 
umfangreichen Gebäude, Bowery, oder Gartenlaube genannt, welches mehrere 
tauſend Perſonen faſſen kann. Nächſten Sommer werden ſie wahrſcheinlich 
zur Erbauung ihres Tempels ſchreiten. Sie behaupten, daß ſie die Abſicht 
haben, einen Tempel zu errichten, der an Größe und Pracht von keinem Ges 
bäude der Erde übertroffen werden ſoll. Und in der That, ich glaube, daß ſie 
es ausführen werden, weil es ihnen eben ſo wenig an Eifer als an Gold 
gebricht. Die Bevölkerung der Stadt beläuft ſich etwa auf fünftauſend Ein⸗ 
wohner. Es giebt kleinere Städte und mehrere Dörfer in verſchiedenen Thei— 
len des Thales. Die geſunde Lage deſſelben iſt ganz vorzüglich. Das vier— 
tägige und Gallenfieber ſind gänzlich unbekannt. Die Jugend iſt kräftig 
und ſchön, wie die Blumen im Mai. Ich halte es für wahr, daß dieſe Lan⸗ 
desgegend von der Grenze bis zur Sierra Nevada (Schneewüſte) ſich einer 
äußerſt geſunden Lage erfreut. 


*) Das iſt wohl eine übertriebene Angabe. (Bemerkung des Herausgebers.) 


Hamburg. 


Verfaßt und in Druck herausgegeben von John Taylor, Roſenſtraße No. 27, 
wo Briefe und Beſtellungen, die Bezug auf dieſe Schrift haben, portofrei 
empfangen werden. 


— 2. — 
(Preis 3 Schillinge.) 
Hamburg. Gedruckt bei F. H. Neſtler und Melle.